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I. Von der vormerkantilistischen Zeit

Weder im Altertum noch im Mittelalter kam es zu geschlossenen

wirtschaftlichen Lehrgebäuden. Der auf das Übersinnliche und Hel-

dische gerichtete Geist jener Zeitalter räumte dem wirtschaftlichen

Kreis des Lebens nur eine geringe Eigenwürde ein — wie jedes

Zeitalter mit organisierter Wirtschaft! Denn allein in der liberalen

Wirtschaft, wo der einzelne auf sich selbst gestellt ist und die

Kräfte des freien Wettkampfes bis aufs äußerste aufgestachelt wer-

den, ist das Kulturleben so sehr von der Wirtschaft eingenommen,

wie es uns Kindern der Gegenwart nur allzu selbstverständlich

erscheint.

Den wirtschaftlichen Zuständen nach hätte jedoch die Theorie

schon im Altertum und im Mittelalter einen Boden finden können.

Denn die Wirtschaft war damals, wie wohl fast zu allen Zeiten,

von vielfältigem Aufbaue und der Förderung bedürftig. Man darf

sich ja überhaupt den Verlauf der Wirtschaftsgeschichte nicht so

vorstellen, als sei die Menschheit von selbstversorgender Natural-

wirtschaft (der sogenannten „geschlossenen Hauswirtschaft“) zur

Feudalwirtschaft und mittelalterlichen Stadtwirtschaft, endlich zur

kapitalistischen Volkswirtschaft „aufgestiegen“. Zu allen Zeiten

waren vielmehr die kleinsten Wirtschaftskörper, z. B. die bäuer-

lichen Wirtschaften, in größere — Stammes- oder volkswirtschaft-

liche, weltwirtschaftliche — Zusammenhänge eingegliedert; und zu

allen Zeiten gingen über diese festen Ordnungen kapitalistische

Wellen, Wellen der Lockerung, hinweg. Wir finden bereits in der

ältesten V o r g e s c h i c h t e , der sogenannten Steinzeit, einen

Handelsverkehr, der Riesengebiete umspannt (z. B. baltischen

Bernstein etwa 2000 v. Chr. in Mykene), und in der Bronzezeit

Beweise von Ausfuhrgewerbe: die sogenannten „Depotfunde“; die

Bestandteile der Bronze kommen nie am selben Orte vor, was

Fernhandel bedeutet, und anderes mehr. Zu Beginn der Ge-

s c h i c h t e finden wir in Sumerien, Babylonien, Ägypten, später

in Persien, Karthago, Griechenland, Rom hochentwickelten Handel,

Ausfuhrgewerbe, ausgebildetes Geld-, Kredit- und Girowesen, also

Verkehrswirtschaft, „Kapitalismus“. Auch soziale Bewegungen,

Arbeitseinstellungen, sozialistische Theorien, bolschewikenartige /

Aufstände fehlen in Ägypten, Griechenland und Rom nicht. Aller-