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auch die Umkehrung: Aus dem Begriffe (des Geistes) folgt das

Dasein Gottes. So ist die großartige Erneuerung des ontologischen

Gottesbeweises, den Hegel durchführt, zu verstehen

1

. Das neuere

Schrifttum ging daran leider gänzlich vorüber. Doch können wir

das hier nicht weiter verfolgen, es möge diese kurze Andeutung

genügen.

/

2.

Der objektive Geist

Wir übergehen das, was Hegel „Anthropologie“ (der Geist als

naturbestimmte Seele und Leben) nennt; ebenso das, was er „Phäno-

menologie“ (der subjektive Geist als Bewußtsein, der Geist, wie er

sich von der Natur unterscheidet) und „Psychologie“ im engeren

Sinne nennt (die Lehre vom Erkennen und Wollen); und wenden

uns dem Hauptstücke seiner Gesellschaftsphilosophie, der Lehre

vom objektiven Geiste zu, die seine Schüler meistens als „E t h i k“

(in einem weiteren Sinne, als dieses Wort heute gebraucht wird)

bezeichneten, die er aber auch schlechthin „Rechtsphilosophie“

nannte und unter diesem Namen zusammenfassend behandelte

2

.

Hegel behandelt zwar den objektiven Geist nach dem subjekti-

ven

3

, aber das bedeutet nicht, daß der subjektive Geist den objek-

tiven erzeuge oder den Vorrang vor ihm habe, sein logisches Prius

bilde. Es ist die große, selbstsichere Wendung zum Objektivismus,

die Hegel vollzog, daß ihm der objektive Geist nicht die Summie-

rung der Einzelgeister, sondern „Manifestation des Allgemeinen“,

des Absoluten ist.

Daher denn auch z. B. die nominalistische Bestimmung des Gei-

stes durch D i l t h e y als „Wirkungszusammenhang“ der Einzel-

geister mit Hegel nichts mehr zu tun hat und ein in sich wider-

spruchsvoller Begriff ist. Die Summierung des Einzelnen kann nie

ein wahrhaft Objektives ergeben

4

.

1

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wis-

senschaften im Grundrisse, in 2

.

Auflage neu herausgegeben von Georg Lasson,

Leipzig 1920, § 51 (= Philosophische Bibliothek, Bd 33).

2

Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechtes, Berlin 1821. Neu in: Hegels

Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, herausgegeben von Alfred Baeumler, Teil 1:

Philosophie des Geistes und Rechtsphilosophie (= Die Herdflamme, Bd 11),

Jena 1927. — In der Enzyklopädie heißt sie aber nicht Rechtsphilosophie, sondern

Lehre vom objektiven Geiste, vgl. §§ 483 ff.

3

Siehe Hegel: Enzyklopädie, §§ 387 ff. und §§ 483 ff.

4

Wilhelm Dilthey: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geistes-

wissenschaften, Leipzig 1910, S. 83 ff.