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s c h a f f e n w e r d e n des Geistes. Die Eingebung wirkt, und

dadurch können wir werden. Das zeigt jeder Blick in unser Inneres.

Ein Wirbelsturm von Einfällen rast gleichsam über die Bühne des

Geistes. Und jeder, der nicht Kraft hat, eine Eingebung zu erfassen

und sie sich zu erbilden, leidet darum an „Ideenflucht“. Ein Ver-

rückter bricht immer wieder ab, der Geist ist dann schon aus den

Fugen, aber immer noch ist die Eingebung am Werke. Sie ist der

Grund des Geistes (der Geistesgrund als die Ideenwelt).

3.

Die Annahme (acceptatio)

Die Eingebung muß festgehalten, angenommen werden, wir müs-

sen sie in uns wirken lassen und dann das Geschaute aufnehmen und

unserm Geiste eingliedern. Da erst beginnt als zweites: unser eigenes

Schaffen, unsere eigene geistige Tätigkeit. Die „Annahme“ oder

Festhaltung ist als erster Beginn das Entscheidende. Es kommt dar-

auf an, was der Mensch von den vielen / Eingebungen annimmt. Vor

der „Annahme“ ist alles nur unbestimmte Möglichkeit. (Die Schlaf-

losigkeit ist oft ein solcher Zustand, in dem alles nur halbwirklich

ist, ein Fluschen, ein Gehen, kein Gedanke, kein Gefühl.) Erst wenn

wir es annehmen, ergreifen, wirkt es in uns.

Die Annahme, Auswahl oder Fürwahl (um dieses gute alte Wort

zu gebrauchen) unter dem vielen, das uns zur Verfügung steht, ist

nur möglich unter der V o r a u s s e t z u n g d e r G e z w e i u n g .

Erst dadurch, daß ein anderer Geist irgendwie mit dabei sei, daß

unser Geist dadurch „Interesse“ fasse, den Ruhm fühlt usw., erlangt

er die Kraft der Annahme. Zur Annahme bedarf es einer unerhörten

Kraftanstrengung. Sie ist die e r s t e T a t , gleich dem allerersten

Schritt des Kindes. Annahme ist Urspontaneität. Dazu brauchen wir

gleichsam eine besondere Elektrisierung, einen schöpferischen An-

stoß. Diesen Anstoß gibt uns vermittelt oder unvermittelt die Ge-

zweiung, das Verhältnis zum andern Geist. Ohne ihn entsänke uns

der Mut, wir würden völlig kraftlos.

Mit der Tat der Annahme betritt der Mensch die Königsstraße

des geistigen Werdeganges; aber nicht der einzelne Mensch für sich

allein, da ja am Anfang dieser ersten eigenen Tat des Geistes die

Gezweiung steht: ein Ich : Ich-(richtiger: Ich : Du-)Verhältnis, ein

Subjekt : Subjekt-Verhältnis ist es, das dem Subjekt : Objekt-Ver-