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hältnis (dem Verhältnisse zu dem in der Eingebung Geschauten)

vorsteht.

Zugleich sprachen wir damit schon eine wichtige Erkenntnis

aus: die Selbstentgegensetzung, das Wissen, enthält eine Rück-

beziehung des Erkennenden auf sich selbst — er ist Ich oder Per-

sönlichkeit.

Die „Selbstsetzung“ im Sinne Fichtes, darin sich der Mensch von seiner

Aktion getrennt findet

1

, geht nicht rein individuell voran. Denn die „Selbst-

setzung“, welche zur „Annahme“ der Eingebung führt, kann nicht aus der Taufe

gehoben werden, wenn die Gezweiung fehlt. Die Selbstsetzung ist nicht der

einsame Anfang, sie ist auch nicht das Konstruktive des Geistes. Denn nicht

der Geist macht den inhaltlichen (konstruktiven) Anfang, sondern die Eingebung.

Wenn das Kind den ersten Schritt in die Welt tut, hat es schon Eingebung, und

diese Eingebungen hat der Mensch bis zum Grabe. Doch zum Ergreifen der

Eingebung bedarf es der Gezweiung. An der Spitze unseres Geistes steht darum

das Ich : Ich-Verhältnis, nicht das Ich : Gegenstand-Verhältnis.

Die F o l g e der Wirksamkeit des ersteren Verhältnisses erst ist das Subjekt :

Objekt-Verhältnis, das Denken des G e g e n s t a n d e s .

Damit ist der Rationalismus zweifach überwunden. Denn:

1.

am Beginne steht das andere Ich, nicht der Gegenstand (das Ich: Ich-Ver-

hältnis, nicht das Ich : Gegenstand-Verhältnis); und

2.

vor dem „Gegenstand“ ist, obzwar nur in selbstsetzender Eigentat zu er-

greifen, doch nicht „meine Tat“, sondern — Eingebung, die nicht unmittelbar

in meiner Gewalt ist. Sie ist mir geschenkt: dem Menschen die Eingebung

menschlicher Art, dem Hunde die hündischer Art, der Pflanze die pflanzlicher

Art.

Es ist ein Irrationales, es ist ein Unauflösliches, ein dunkler, durch Analysis

nie ganz aufzuhellender Grund: die Gezweiung und die Eingebung, auf denen

sich das „Wissen“ erhebt. Es gibt kein Wissen, das heißt Unterscheidung von

Ich : Gegenstand, als auf dem Grunde der Eingebung und der Gezweiung — dem

unauflöslichen Grunde. B e i d e s i n d i r r a t i o n a l u n d g e s c h i c h t -

l i c h . (Mozart hört nur einmal — geschichtlich — die Zauberglöckchen Papa-

genos.)

4

4. Das eigene Schaffen

Daß der Geist das Eingegebene, Geschaute annehme, ergreife,

geschieht in der Weise des W i s s e n s und in der Weise der

K u n s t . Das Wissen besteht darin, daß ich das Ich : Gegenstand-

Verhältnis erfasse und weiterver- / folge — durch weitere Unter-

scheidung des Gegenstandes. Hier tritt die geniale Fichtesche Ana-

lysis voll in ihre Rechte. Das Geschaute u n t e r s c h e i d e t sich

1

Siehe oben S. 6o.