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damalige organisierte Wirtschaft und die sittlich-religiöse Lebens-
auffassung der Zeit gegründet. Darum knüpfen die späteren Lehr-
gebäude, die auf freie Verkehrswirtschaft ausgingen, nämlich die
Individualisten seit Quesnay und Smith, theoretisch nicht an das
alte Lehrgut an.
Am deutlichsten zeigt sich der Gegensatz im Unterschiede des V e r -
f a h r e n s . Während die Scholastik zweckhaft und ganzheitlich (teleolo-
gisch-normativ und organisch) denkt, denkt der liberale, in der Auf- /
klärungszeit entstandene Lehrbegriff die Wirtschaftsvorgänge nach Art
der Naturgesetze, besonders durch das Kräftespiel von Angebot und Nach-
frage, also mechanisch bestimmt. Daher ist der Standpunkt des neueren
Schrifttums unrichtig, welcher die scholastische Wirtschaftslehre an den
Maßstäben der liberalen messen oder gar in ihr die liberalen Lehrbegriffe
wiederfinden will.
II. Der Merkantilismus
A.
Die Leitgedanken des Merkantilismus
Zum erstenmal tritt mit Beginn der Neuzeit eine neue Praxis
der Wirtschaftspolitik und eine Anzahl zusammenhängender Ge-
danken darüber im sogenannten Merkantilismus oder Handels-
system auf. Das „Handelssystem“ führt, wie schon List hervorhob,
seinen Namen nicht mit vollem Recht. Denn es hat neben der
Förderung des Handels ebensosehr die des Gewerbefleißes, der
Schiffahrt, der Kolonien zum Gegenstande. Auch ist es kein strenges
„System“, keine geschlossene theoretische Lehre, sondern mehr ein
Inbegriff der in der Wirtschaftspflege jener Zeit von den Staats-
männern befolgten Grundsätze, die aber allerdings einen tiefen
gemeinsamen Grundzug haben. Zutreffend kann man es mit Oncken
als das „System der landesfürstlichen Wohlstandspolizei“ bezeich-
nen. Es ist nicht von einem einzelnen erdacht und begründet,
sondern aus der Zeit und ihrem Geiste erwachsen. Das Wesentlichste
am Merkantilismus ist, daß er nicht mehr religiös bestimmt wird,
wie das mittelalterliche Wirtschaftsdenken, sondern s t a a t l i c h ,
und ferner, trotz Festhaltens an sittlichen Gesichtspunkten, zum
erstenmal m e n g e n h a f t , rechnerisch, also materialistisch ist. Er
ist ein System der staatlichen Z e n t r a l i s a t i o n , wie es dem
aufkommenden Absolutismus entsprach, und zwar zugunsten des
Großgewerbes und des beweglichen Kapitals, dagegen zuungunsten
der Zunft und zum Teil auch der Grundherren.