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G e i s t e s g e s c h i c h t l i c h ist die Zeit, in der der Merkantilismus
entstand, durch den erwachenden Individualismus der Renaissance und
des Humanismus bezeichnet
1
.
W i r t s c h a f t s g e s c h i c h t l i c h zeigt sich, daß die Kräfte, welche
zur Durchbrechung des mittelalterlichen Wirtschaftgefüges führten, nicht
in der Wirtschaft selbst lagen, sondern in politischen Vorgängen: die staat-
liche Zentralisation, die im Westen Europas zur Bildung größerer Natio-
nalstaaten (Frankreich, Spanien, Portugal, England), in Deutschland später
zum Territorialfürstentum (voran Österreich und Brandenburg-Preußen)
führte, hatte die Umbildung der naturalwirtschaftlichen / Staatswirtschaft
zur Folge. Aus dem bündisch-naturalwirtschaftlichen Lehenstaat wurde
ein zentralistisch-geldwirtschaftlicher Staat; und dieser drängte wieder
auf die Umbildung der mittelalterlichen Stadtwirtschaft zu großen, ein-
heitlichen Wirtschaftsgebieten hin. Mit diesen Umbildungen werden nun
Geld und Handel in anderer Weise wie früher eine Grundlage der
p o l i t i s c h e n M a c h t . Der Satz: Pecunia nervus rei publicae, Geld
ist der Nerv des Staates (Bodin, Becher und andere) war nun in vieler
Hinsicht neu. Indem nämlich der Staat aus einem lehensmäßigen zu einem
zentralistischen wurde, trat ein Söldnerheer an die Stelle der ritterlichen
Lehensmiliz; indem die Verwaltung zentralisiert wurde, trat ein bezahl-
tes Berufsbeamtentum an die Stelle des Lehenswesens und der Selbst-
verwaltung. Dadurch wurden Heer und Verwaltung, Steuersystem und
Staatskredit mehr und mehr auf geldwirtschaftliche statt auf natural-
wirtschaftliche Grundlage gestellt. Die geldwirtschaftliche Kraft eines
Landes erhielt eine früher ungeahnte politische Bedeutung.
Diese Entwicklung wurde von jenen wirtschaftlichen. Vorgängen be-
gleitet, welche die Entdeckung Amerikas (1492) und des Seeweges nach
Indien (1498) hervorriefen. Es entstanden Kolonien und durch sie n e u e
W e l t h a n d e l s w e g e , welche jetzt die westlichen Länder stärkten —
die Handelsländer (Spanien, Portugal, Holland, England) —, umgekehrt
Deutschland schwächten. So e r s c h i e n d e r H a n d e l u n d d a s
h i n t e r i h m s t e h e n d e G e l d d e u t l i c h a l s e i n e Q u e l l e
d e s R e i c h t u m s u n d z u g l e i c h a l s e i n e G r u n d l a g e d e r
p o l i t i s c h e n M a c h t .
Zu diesen allgemeinen Verschiebungen kam ein besonderes Ereignis
hinzu. Bald nach der Entdeckung der neuen Länder hatten sich von
Spanien aus Ströme von Gold und Silber über Europa ergossen, eine un-
geheure Teuerung, die sogenannte „ P r e i s r e v o l u t i o n “ , war damit
verbunden. Allerdings begann die Teuerung schon etwa 1510, während
die starke Vermehrung der Edelmetallerzeugung erst etwa 1520 einsetzte,
hatte somit in der wirtschaftlichen Entwicklung jener Zeit eine tiefer
liegende Ursache als die plötzliche übermäßige Goldfülle; aber diese Gold-
fülle war damals ein wichtiges Mittel, die Ausbreitung der Kapitalwirt-
schaft zu begünstigen.
Indem alle diese Umstände das Geld statt des bloß naturalwirt-
schaftlichen Reichtums in den Vordergrund rückten, bildete sich
im Gegensatz zum mittelalterlichen Streben nach Beschränkung der
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Siehe unten S. 32 ff.