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Geldwirtschaft die Anschauung: das Geld sei, wenn schon nicht die
einzige Quelle des Reichtums, so doch von ausschlaggebender Be-
deutung für den Wohlstand der Völker. Und so entstehen zwei
führende Begriffe in der damaligen Auffassung der Volkswirtschaft,
die auch heute noch von großer Bedeutung sind: die Hochschätzung
des Geldes und die Hochschätzung des Ausfuhrhandels als des vor-
nehmsten Mittels, Geld ins Land zu bringen; darin ist dann aber
drittens eingeschlossen: die Pflege des Großgewerbes, sofern es
nämlich notwendig hinter dem / Handel stehen muß, um die zur
Ausfuhr nötigen Waren herzustellen. Das „System“ von praktischen
Maßnahmen, das sich daraus ergab, kann man sich, schematisch
gefaßt, folgendermaßen veranschaulichen, wobei aber der Vorbehalt
größter örtlicher Verschiedenheiten und überhaupt der theoreti-
schen Ungeschlossenheit der Lehre ausdrücklich wiederholt sei
1
.
Zuoberst stand — namentlich bei italienischen und englischen
Schriftstellern — die H e r b e i f ü h r u n g e i n e r g ü n s t i g e n
H a n d e l s b i l a n z . Unter der Handels- oder Warenbilanz eines
Landes versteht man die Gegenüberstellung der Werte der aus-
geführten und der eingeführten Waren. Ist nun die Ausfuhr größer
als die Einfuhr, so fließt der Erlös für den Überschuß der ans Aus-
land verkauften Waren in das Inland: es strömt Geld ein. In diesem
Falle ist die Handelsbilanz aktiv, im umgekehrten Falle passiv. Die
aktive Handelsbilanz ist das oberste Ziel der merkantilistischen Be-
strebungen. Um es zu erreichen, muß aber der H a n d e l m i t
d e m A u s l a n d e entwickelt werden.
Zu diesem Behufe soll nun weiterhin die Ausfuhrindustrie, da-
mals „M a n u f a k t u r “ genannt, die ja hinter dem Handel stehen
muß, gefördert werden. Das verlangt aber wieder: Die Schaffung
g r ö ß e r e r i n n e r e r M ä r k t e , die ja stets Vorbedingung des
Großbetriebes sind, sowie eine eigene Ve r k e h r s p o l i t i k .
Beides widersprach der Zunftwirtschaft: Heraushebung der Manu-
fakturbetriebe aus dem Zunftzwange durch landesfürstliche Privi-
legien und Monopole; Wegräumung oder doch Milderung der alten
Schranken, welche Stadtwirtschaft und Zunftzwang geschaffen hat-
ten, besonders die Zölle und Mauten im eigenen Gebiete; Erbauung
von Straßen und Kanälen waren daher die notwendigen Folgen.
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Vgl. unten S. 19 f. und 22 f.