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haupten, sondern ein Arteigenes, Ursprüngliches im menschlichen

Geiste. Das Innewerden eines Übersinnlichen stammt weder von

Vorstellung noch Gefühl, noch Wille, sondern ist ein Selbständiges,

Unableitbares.

Das Objektive am Glauben, das ist seine gesellschaftlich-geschicht-

liche Erscheinungsform, ist R e l i g i o n und Weltanschauung, also

metaphysische P h i l o s o p h i e .

Religion und Philosophie sind diejenigen Teilordnungen oder

Teilinhalte der Gesellschaft, in denen der gesamte Geistesinhalt der

Gesellschaft an eine höhere, eine übergesellschaftliche Ganzheit ge-

wiesen wird; und in denen sich die Gesellschaft als von einer über-

sinnlichen Wurzel her ausgegliedert kundtut.

Das Metaphysische und Religiöse jeder Kultur ist gleichsam die

Nabelschnur, die sie mit ihrer höheren Welt verbindet. Es ist die

Gegenwart der übersinnlichen Welt in der Gemeinschaft.

Das ist dem heutigen Skeptizismus freilich unerschwinglich, aber

dennoch eine analytische Wahrheit.

Hiermit stoßen wir schon auf den Primat oder Vorrang: das

Metaphysisch-Religiöse stellt sich seinem ganzen Wesen nach not-

wendig als das Primäre, das begrifflich Erste jedes Kulturlebens dar;

es ist das allem anderen logisch Vorgeordnete. Schon jetzt ergibt

sich demnach der Satz (den wir aber erst später des näheren zu

erörtern haben werden): Religion und metaphysische Philosophie

haben den Vorrang vor allen Teilinhalten der Gesellschaft.

Reiner Glaube ohne Bild und Wort, ohne Begriff und Tat, Glau-

bentum an sich, kann aber im gesellschaftlichen Geiste nicht wirk-

lich werden. Denn in bloßer Ahnung, in ungestalteter Andacht ist

nicht nur der Geist, es ist auch der Glaube selbst gleichsam noch in

seinem stummen Vorsein; er hat als Glaube an sich noch keinen

G e g e n s t a n d , an den er sich halten könnte; er ist das Himmels-

licht selbst, aber ohne ein anderes, dem es leuchten könnte. Darum

muß der Glaube durch die andern Stufen des Geistes hindurch-

gehen, um sich in diesen näher zu bestimmen: zu konkretisieren

und zu bewähren. Dieses Hindurchgehen durch das Nachgeordnete

(durch das, was nicht den Vorrang, sondern den Nachrang, die

Posteriorität, hat) nennen wir den G e s t a l t w a n d e l des Vor-

geordneten im Nachgeordneten. V o r r a n g u n d G e s t a l t -

w a n d e l e n t s p r e c h e n e i n a n d e r .