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Sätzen auf dem Grunde der Kunst, sondern wesenhaft, darum der
Künstler nicht als zerlegender Denker, sondern als einer, der die
Ergebnisse zerlegenden Denkens hinter sich hat, ans / Werk geht.
(Unterschied von Aktzeichnung, Studium des Gegenstandes, und
Gemälde! Selbst das Ornament — welches sakralen Ursprungs ist!
— beruht auf dem Studium der Natur!)
Der S c h r i t t d e s G e i s t e s v o m W i s s e n d e s G e -
g e n s t a n d e s a l s e i n e m b e s t i m m t e n u n d u n t e r -
s c h i e d e n e n z u m B i l d e n d e s G e g e n s t a n d e s a l s
G e s t a l t i s t k e i n Z u n i c h t e m a c h e n d e s W i s s e n s ,
s o n d e r n e i n e R ü c k k e h r z u s e i n e m s c h ö p f e r i -
s c h e n A u s g 1 i e d e r u n g s g r u n d e a l s
z u s e i n e m U r s p r u n g e .
Es liegt auch am Tage, daß ebenso wie der Glaube für Dogma und Kultus
ein Wissen braucht und das Wissen sich dienstbar macht; so auch die Kunst
ein Unterscheiden, Vergleichen, Wissen des Gegenstandes als eines allgemeinen
und besonderen zur Voraussetzung hat. K u n s t v o l l e n d e t W i s s e n u n d
G l a u b e n , und nur in diesem Sinne (nicht in zweckhafter Weise) kann sie
beiden dienstbar sein.
Es sei auch hier ausdrücklich hervorgehoben, daß wir bei dieser kurzen Be-
handlung des Teilinhaltes „Kunst“ davon absehen, daß sie nur in „ G e z w e i -
u n g “ werden könne und daß die Gezweiung praktisch wieder V e r a n s t a l -
t u n g (Kunstorganisationen): Theater, Konzertwesen, Schulen und so fort)
voraussetzt. Es genügt hier, die Kunst als abstrakten Teilinhalt der Gesamtganz-
heit „Gesellschaft“ schlechthin bestimmt zu haben.
Auf die K u n s t g e m e i n s c h a f t können wir hier ebensowenig eingehen
wie früher auf die Wissensgemeinschaft. Das gehört in die Gesellschaftslehre.
V.
Das Verhältnis von Religion, Wissenschaft und Kunst
Unser Ergebnis für das Gesamtverhältnis von Religion-Philo-
sophie, Wissenschaft und Kunst läßt sich in die Sätze zusammenfas-
sen:
Glaube begründet wesensgemäß Wissen; Wissen begründet
wesensgemäß Kunst. Indem nun das erste jeweils begriffliche (nicht
genetische) Voraussetzung des Späteren ist, so ist es der Glaube sel-
ber, der zuletzt durch Wissen die Kunst begründet. Es ist gleichsam
ein Umweg über den Gegenstand, durch den der Geist Ausgang und
Wiedereinkehr, Ausgliederung und Rückeingliederung vollzieht.
Dieses Verhältnis ist aber von allgemeiner Gültigkeit zwischen
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