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ganismus je absolut gesund ist. Er hat stets seine Krankheiten, seine

Fehlausgliederungen. Das Unvollkommene ist, wenn es auf Fehl-

ausgliederung beruht, nichts Eigenes, nichts Substantielles, sondern

ein Mangel. Das B ö s e i s t n i c h t u n d d e n n o c h w i r k t

e s i n d e r W e l t , wie die Geschichte, wie die tägliche Erfahrung

jeden Menschen bitterlich lehrt.

Um diese Grundtatsache der Welt zu verstehen, muß ihr aber

eine andere entgegengehalten werden: Das G e s e t z

d e r

S e l b s t r e i n i g u n g d e s S e i n s v o m U n v o l l k o m m e -

n e n .

Was fehlausgegliedert, was krank, böse ist, ist im Begriffe zu

sterben. Die Eiterbeule ist ein Sterben des Organismus in dem er-

krankten Bereiche. Es ist dann wohl noch chemisch-physikalisches

Sein da, aber bald kein in sich dauerbares, lebendig-organisches

Sein mehr. Auch das logisch unrichtige Denken, z. B. des Wahn-

sinnigen, der sich für den Kaiser von China hält, ist kein Denken

und sogar kein echtes geistiges Sein mehr, sondern nur noch „Flucht

von Vorstellungen“, also kein solches geistiges Sein, das in sich be-

stehen und dauern könnte. Ebenso ist die Fehlausgliederung im /

Staatsleben, z. B. die Tyrannis oder die Gewalttaten der Demagogen

in der athenischen Demokratie, stets eine Vernichtung von Sein

im Staatsleben, genau so wie ein Fehldenken eine Vernichtung

von Sein im Denken und eine Krankheit Vernichtung von Sein im

organischen Leben ist. Ähnlich ist eine Fehlbesteuerung in der

Wirtschaft, die z. B. zur Stillegung von Betrieben führt, eine Ver-

nichtung von Sein in der Wirtschaft. Kurz, keine Fehlbildung ist

denkbar, die in sich dauernd bestünde. Bei kleinen Fehlausgliede-

rungen mindert sich das Sein nur wenig, stirbt daher nur wenig;

bei großen Fehlausgliederungen, die das Ganze ergreifen, stirbt das

Ganze. Sofern ein kranker Organismus bestehen bleibt, geschieht es

kraft der noch vorhandenen Gesundheit; sofern ein kranker Staat,

eine kranke Kirche, ein kranker Wirtschaftskörper, ein kranker

Geist eines Menschen bestehen bleibt, geschieht es kraft der Wohl-

ausgliederung und Gesundheit der übrigen Glieder dieser Ganz-

heiten. Der gemeinste Verbrecher hat Züge des Guten an sich, der

kränkste Körper auch gesunde Teile, nur dadurch bestehen beide

noch. Das noch bestehende Vollkommene im Unvollkommenen ist

es, was überall das Sein aufrechterhält.