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Fehlausgliederung heißt Hinabgleiten zum Nichtsein. Aber das
in F e h 1 a u s g 1 i e d e r u n g B e g r i f f e n e v e r s i n k t
n i c h t m i t B l i t z e s s c h n e l l e i n d a s N i c h t s , sondern
braucht kraft des verbliebenen Gesunden in ihm Zeit, um in das
Nichtsein zu versinken. Das Fehlausgegliederte ist nur im Sterben
begriffen, es ist nicht schon im selben Augenblicke, in welchem
sich die Fehlausgliederung vollzieht, vernichtet. Wenn ein Mensch
am Rande eines Abgrundes einen Fehltritt tut, so wird er nur dann
sofort in die Tiefe stürzen, wenn er mit seiner gesamten Schwere
fehltrat. Tut er ihn aber nur zum Teile, so kann er sich anklam-
mern, noch hin- und herschwanken: er wird Zeit brauchen, um den
verhängnisvollen Sturz zu tun. Da nun der Mensch niemals ganz
böse, das Denken niemals ganz unrichtig, die Staatsanordnungen
niemals ganz verfehlt, die Organismen niemals an allen Organen
krank sind, darum nimmt der Todesgang, der in der Fehlausglie-
derung liegt, einen Zeitverlauf.
So ist es begreiflich, das U n v o l l k o m m e n e , d a s B ö s e
i s t n i c h t u n d w i r k t d o c h a l s M a c h t im Leben und
in der Geschichte! Aber dadurch, daß das Fehlausgegliederte zuletzt
dennoch in Nichts zerrinnt, reinigt sich die Welt immer wieder von
selbst. Das Böse in der Welt kann dem lieben Gott nicht über den
Kopf wachsen.
Es ist die Metaphysik, nicht die Gesellschaftsphilosophie, welche
das Böse zu begreifen hat. Die Gesellschaftsphilosophie stellt nur
rein analytisch fest: daß das Böse sei — metaphysisch weist alles auf
eine S c h w ä c h e i n d e r R ü c k v e r b u n d e n h e i t u n d
i n d e r F r e i h e i t des Menschen zurück, was sinnbildlich als
„Abfall“ bezeichnet wird.
Die Gesellschaftsphilosophie untersucht vor allem die R o l l e
d e s B ö s e n i n d e r G e s c h i c h t e , durch seine widerspre-
chende Macht die guten Kräfte anzureizen, Neues hervorzulocken.
Dafür sind jene Reizmittel in der Arzneikunde ein Beispiel, welche
Krankheiten erzeugen (z. B. blasenziehende Pflaster) und dadurch
Heilkräfte auf den Plan rufen. Infolge solcher aufbauender Aus-
wirkung des Bösen sehen wir oft, wie das Gute aus dem Kampfe mit
ihm Nutzen zieht und gefestigt wird. „Die Pforten der Hölle sollen
sie nicht überwältigen.“
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