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b i n d l i c h k e i t d e r A u s g 1 i e d e r u n g s o r d n u n g d e s

o b j e k t i v e n G e i s t e s f ü r d e n s u b j e k t i v e n G e i s t

f o l g t a u s d e r G l i e d h a f t i g k e i t d e s s u b j e k t i v e n

G e i s t e s .

Da nicht nur die einzelnen Menschen Glieder des objektiven Gei-

stes sind, sondern auch die gesellschaftlichen Gebilde, so folgt dar-

aus: daß es nicht nur für die Menschen, sondern auch für die gesell-

schaftlichen Gebilde Pflichten gibt, so insbesondere für Staat, Kirche,

Familie, Volkswirtschaft — auch diese haben die Pflicht, die Rich-

tung auf das Vollkommene anzunehmen. Die Verbindlichkeit der

reinen, vollkommenen Ausgliederungsordnung des objektiven Gei-

stes gilt auch für sie. Heimat und Stamm haben Pflichten dem Volks-

tum, dieses der Menschheit gegenüber; der Staat gegenüber dem

Staatenbund und so fort.

Von hier aus klärt sich endgültig der Begriff des Ü b e r e m p i -

r i s c h e n o d e r A p r i o r i . Ihn darf keine Gesellschaftsphilo-

sophie, die über den Empirismus hinauskommen will, verlieren. Er

ist auch nicht einzig und allein ein Begriff der Sittenlehre, sondern

gehört der gesamten Gesellschaftsphilosophie an! Im Rechte wird

überempirische Gültigkeit ebenso gefordert, wovon z. B. der Be-

griff des universalistischen „Na t u r r e c h t e s“

1

Zeugnis gibt.

Auch der Begriff des „wa h r e n S t a a t e s“, der Begriff der

„ s i t t l i c h e n F a m i l i e “ , d e r „ r i c h t i g e n W i r t -

s c h a f t“

2

bezeugen ebenso deutlich das Apriorische dieser Teil-

gebilde des objektiven Geistes.

Die Gesellschaftsphilosophie muß aber den Begriff des Apriori

erweitern und dadurch über Kant hinauskommen: sie muß vom

subjektiven zum objektiven Apriori kommen, und zwar zu einem

solchen objektiven Apriori, welches das subjektive nicht vernichtet,

sondern in sich aufnimmt. Die empiristische Sittenlehre führt das

Sittliche auf äußere Nützlichkeit zurück. Die idealistische Sitten-

lehre, der dieser Ausweg nicht zu Gebote steht, muß das Höhere,

durch welches das Sittliche begründet wird, entweder im mensch-

lichen Subjekte suchen — das Apriori der praktischen und reinen

Vernunft bei Kant; oder es in einem Über-Individuellen, einem

1

Vgl. oben S. 39, unten S. 268.

2

Vgl. oben S 198 f., unten S. 249.