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Die Pflicht als das Gesollte der Tugend tritt subjektiv hervor als

G e w i s s e n (5), in allgemeinster Form als S i t t e n g e s e t z

(5a). Das Gesetz und die Tugend, die das Gesetz erfüllt, entsprechen

einander und fallen in diesem Sinne sachlich zusammen.

Möglichkeit und Quelle des subjektiven sittlichen Vorganges ist

die Gezweitheit des Bewußtseins. Aus ihr ergeben sich „ L i e b e “

u n d „ G e r e c h t i g k e i t“, das ist Hingabe und Mittewendigkeit

als die Grundlage aller Tugend oder der T u g e n d g r u n d (6).

Jedoch ist diese durchgängige Gezweitheit oder Gliedhaftigkeit

auch dem gesellschaftlichen Gebilde, dem objektiven Geiste eigen.

Am Ende der Ausgliederungsordnung steht der e r l a n g t e

Z u s t a n d d e r v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n V o l l k o m m e n -

h e i t (7). Es ist menschliches Schicksal, daß das Ziel nicht voll-

kommen erreicht, das Gut nicht vollkommen erlangt werden könne.

Auch der Heilige klagt sich der Sünden an, auch der Weise gesteht,

daß sein Wissen Stückwerk sei, auch der größte Künstler kann nicht

alles Ungestaltete in vollkommene Schönheit auflösen (Mozart ver-

besserte noch bei den Aufführungen).

Schließlich kann noch die vorempirische Art alles Sittlichen oder

das s i t t l i c h e A p r i o r i (8), das sich subjektiv als Ge-

wissen — siehe (5) — äußert, zu den Grundbestandteilen des

Sittlichen im weiteren Sinne gerechnet werden

1

. Das Apriorische

der Sittlichkeit erst macht die Verbindlichkeit des Gutes und der

Tugend verständlich. Sie erfolgt aus jener ganz bestimmten Art

des Enthaltenseins des Einzelgeistes im Gesamtgeiste, die in der

A u s g l i e d e r u n g s o r d n u n g des Gesamtgeistes gegeben ist.

Nur der Begriff der Ausgliederungsordnung des Gesamtganzen ver-

bürgt ein o b j e k t i v e s

ü b e r

d e m

s u b j e k t i v e n

A p r i o r i . Ein bloß subjektives Apriori (Kant) reicht nicht hin.

Aus den entwickelten acht Grundbestandteilen der Wiederver-

vollkommnungsordnung: Gut, Ausgangszustand, Heilsgut, Tugend-

grund, Tugend, Pflicht, Endzustand, Apriori, sind zwei als die tra-

genden herauszuheben: Gut und T u g e n d . Denn es versteht

sich von selbst, daß ein unvollkommener Ausgangszustand vorhan-

den sein, ebenso daß der sittliche Vorgang ein Ergebnis, einen End-

zustand zeitigen müsse, wenn auch gewiß diese Zustandsbegriffe not-

1

Vgl. dazu oben S. 122 und 206.