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Volkswirtschaft darum, viel Geld zu beschaffen“ — inwiefern ist

das richtig? Eine einheitliche Antwort hierauf, wie überhaupt auf

die Fragen, die die merkantilistische Geldlehre aufgibt, vermag die

heutige Wissenschaft nicht zu geben. Man kann die Antwort ent-

weder vom sogenannten metallistischen oder vom sogenannten

chartalistischen oder vom universalistischen Standpunkte der Geld-

theorie aus erteilen. Der Metallismus sieht die Hauptsache in der

Wareneigenschaft des Geldes, der Chartalismus in seiner rechtlich-

staatlichen Eigenschaft, der Universalismus in seiner organisierenden

Eigenschaft

1

.

a.

Vom m e t a l l i s t i s c h e n Standpunkte aus, der dem indi-

vidualistischen (liberalen) entspricht, ergibt sich ein ablehnendes

Urteil über die merkantilistische Reichtumsvorstellung. Das Wesen

des Geldes ist darnach: eine Ware zu sein, und zwar eine solche,

die als Tauschmittel dient; daher ist die einseitige Vermehrung der

Tauschmittel noch keine Vermehrung der Güter, keine Vermehrung

des Reichtums.

Um den Gedanken, Geld sei bloßes Tauschmittel, zu veranschaulichen,

kann man etwa an eine nomadisierende geschlossene Hauswirtschaft A

denken, die alle notwendigen Güter für die Sippe erzeugt. Dennoch wird

öfters der Fall eintreten, daß die Wirtschaft A gerne überflüssige Güter,

z. B. Salz, gegen Güter anderer Wirtschaften, auf die sie trifft, z. B. Waf-

fen, eintauschen möchte. Wenn aber bei den verschiedenen Tauschgele-

genheiten — auf dem „Markte“ — wohl Waffen angeboten würden, nie-

mand aber unter ihren Besitzern wäre, der gerade Salz brauchte, so kann

sie die Wirtschaft A nicht erwerben; daher bald den Vorteil wahrnehmen,

der in einem m i t t e l b a r e n Tausch- / vorgange liegt: nämlich wenn

sie bei jeder Gelegenheit ihr Salz gegen solche Waren eintauscht, die

gerne genommen werden, weil sie jeder brauchen kann. Solche Waren,

z. B. Vieh bei Nomadenvölkern, sind am meisten a b s a t z f ä h i g , und

die Wirtschaft A wird in unserem Falle Vieh auch dann noch mit Vorteil

gegen Salz eintauschen, wenn sie selber kein Vieh braucht — nur mit

Rücksicht darauf, daß sie damit die meiste Aussicht hat, bei späterer Ge-

legenheit andere von ihr begehrte Waren, z. B. Waffen, wirklich einzu-

tauschen. In der so geübten „Annahme der absatzfähigsten Ware“ (Smith,

Ricardo, Carl Menger) liegt der Grund für die Entstehung und liegt zu-

gleich die eigentliche Wesenheit des Geldes beschlossen: Geld beruht auf

„ i n d i r e k t e m T a u s c h e “ , i s t „ m i t t e l b a r e s T a u s c h g u t “ ,

Tauschmittel. Die Edelmetalle haben wegen ihrer Absatzfähigkeit im

Verein mit ihrer Stetigkeit, Teilbarkeit, Wägbarkeit, Verschickbarkeit

1

Siehe unten S. 228 ff.