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vollzogen und die Wirtschaftskräfte, die entwickelt werden sollen.
Anderenfalls leidet die Organisierungs- und Tauschverrichtung des
Geldes unter seiner Anhäufung. So viel steht, gegenüber der irrigen
Ansicht, daß Geld gleich Reichtum sei, jedenfalls fest: Das Erst-
wesentliche im Reichtum ist nicht das Geld, sondern sind die Lei-
stungen, die ihn hervorbringen. — Die S t ä r k e : Der Irrtum
der Merkantilisten war gar nicht so plump, daß sie das Geld als
solches allein schon für Reichtum gehalten hätten. Sie wußten wohl,
daß es nicht für sich selbst, sondern nur in seiner Fähigkeit, Ver-
mögen zu übertragen und den Gang der Wirtschaft schöpferisch zu
beeinflussen, Reichtum bedeute; sie wußten, daß die Geldvermeh-
rung befruchtende Folgen habe. Mit Recht hatten daher die mer-
kantilistischen Staatsmänner und Schriftsteller den steigenden Geld-
bedarf jener Zeiten vor Augen — was beim Übergang von der
mehr naturalen Stadt- und Fronhofswirtschaft zu mehr kapita-
listischer Verkehrswirschaft vor allem nottat. Die Förderung und
der Schutz der völkischen Arbeit war theoretisch wie praktisch
doch dasjenige, was ihnen zuletzt hinter der „Geldeinfuhr mittelst
aktiver Handelsbilanz“ steckte.
2.
Die H a n d e l s b i l a n z
Die Ansicht von der Bedeutung der Handels- oder Warenbilanz
ist mit jener über das Geld innig verschwistert. Bevor wir auf diese
Lehre kritisch eingehen, ist sie dahin zu berichtigen, daß die Waren-
bilanz nicht gleichbedeutend sei mit der Bilanz des über die Gren-
zen hinaus- und hereinströmenden Geldes, der sogenannten Z a h -
l u n g s b i l a n z .
Diese setzt sich nämlich nicht nur zusammen aus den Verbindlich-
keiten, die durch die Warenlieferungen entstanden sind, sondern auch
noch:
(1) aus der Bilanz der Leistungen, die z. B. in der Verfrachtung aus-
ländischer Waren zu Wasser und zu Lande bestehen („England der Fracht-
führer Europas“) oder in der Verpflegung von Reisenden im Fremden-
verkehr;
(2)
aus der Bilanz der Unternehmergewinne zwischen In- und Ausland;
(3)
aus der Bilanz der Zinsen (z. B. von Wertpapieren, Guthaben);
(4) aus der Bilanz der Geldsendungen und Kapitalwanderungen (z. B.
Übernahme ausländischer Wertpapiere und Anleihen, Geldheimsendungen
der Auswanderer);
(5) endlich aus der Bilanz der / einmaligen Zahlungen: Erbschaften,
Schenkungen, Kriegsentschädigungen (diese können Jahrzehnte hindurch
den Wohlstand bestimmen).