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vor Gezweiung.“ Den Pflichten gegen das Ganze unterstehen jene
gegen sich selbst. „Das Ganze ist vor dem Gliede.“
Die Sittlichkeit bleibt nicht beim Einzelnen stehen und nicht bei
bestimmten Gebieten des Ganzen, z. B. beim Staate. Das Sittliche
leuchtet uns aus allen Gebieten, aus allen Stufen des Gemeinschafts-
lebens und aus den einzelnen Menschen selbst entgegen.
Aus der Selbstheit leuchtet die Hingabe; aus dem Einzelnen das
Ganze; und aus allem Gott.
V.
Heiligkeit und Heldentum, die
höchsten
Tugenden
Unsere Tafel zeigte die Tugenden, welche zur Erlangung des Voll-
kommenheitsgutes geübt werden. In den bestimmten, arteigenen
Tugenden sind aber allgemeinere, höhere Tugenden / angelegt. Denn
es liegt in der Natur der Sache, daß eine besondere Tüchtigkeit
(Tugend) von einer allgemeineren überhöht werde. Ohne nun die
ganze Stufenleiter der Tugenden hier durchzugehen, was im Rah-
men einer allgemeinen Gesellschaftsphilosophie nicht am Platze
wäre, ist es doch möglich, im Anschlusse an die grundsätzliche
Untersuchung des Verhältnisses von Schauen und Handeln
1
zu den
letzten Tugenden vorzudringen.
Das Ergebnis bietet sich von selbst dar. Das A r t e i g e n e der
Tugenden wird durch die Güter bestimmt; Frömmigkeit und Tap-
ferkeit z. B. erhalten ihr Besonderes durch das Ziel oder Gut, auf
das sie gerichtet sind. Das Allgemeine, Höchste der Tugend ist die
Eignung des Menschen, das Gut zu erlangen. Um das Allgemeine der
Tugend zu finden, muß man daher seinen Blick nicht auf die Güter
richten, sondern auf die Art, wie der Mensch die Güter erlangt: Das
geschieht durch Schauen und Handeln. Die letzten Tugenden sind
darum: das v o l l k o m m e n s t e
S c h a u e n
o d e r
d i e
H e i l i g k e i t ; d a s v o l l k o m m e n s t e H a n d e l n o d e r
d a s
H e l d e n t u m . Die innige Zusammengehörigkeit von
Schauen und Handeln, die wir erkannten, belehrt uns, daß jene
Tugenden nicht für sich bestehen: daher kein Heiliger ohne Helden-
1
Siehe oben S. 104 (Geisteslehre) und S. 143 ff. (Ausgliederungsordnung).