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a)

Gott ist das höchste Gut. Dieser Satz ist keine bloße Forderung,

sondern bezeichnet die wahrste Wirklichkeit. Er wird in der Sitten-

und Geistesgeschichte durch die grundlegende Rolle der Religion für

die Sittlichkeit in allen Kulturen bestätigt

1

.

b)

Schauen ist vor Handeln

2

.

c)

Die geistigen Teilinhalte und Stufen sind vor den sinnlichen.

d)

Heiligkeit ist vor Heldentum. — Alle diese Sätze (a—d) sind

bestimmt durch den wiederholt angeführten Satz: Abgeschiedenheit

ist vor Gezweiung! das heißt Rückverbundenheit vor Ausgliede-

rung.

Entsprechend den Sätzen a) bis d) gilt: die niederen Güter sind

nur möglich durch die höchsten, zuletzt die Welt durch Gott; die

sinnlichen Teilinhalte nur durch die geistigen; Heldentum nur durch

Schauen, das in seiner höchsten Form Heiligkeit ist.

All die angeführten Vorrangsätze verlangen außerdem zu ihrer

Begründung einen solchen Begriff des Sittlichen, der das Sittliche als

bloße Wiederherstellung von dem / ursprünglichen vollkommenen

Inhalte des Geistes begrifflich trennt. Das geschieht durch den schon

bekannten Satz:

5.

Das G e i s t u r s p r ü n g l i c h e , A b g e l e i t e t e u n d

d a s a u s i h m f o l g e n d e H a n d e l n i s t v o r d e m

S i t t l i c h e n . — Denn nur durch diesen Satz wird die Sittlich-

keit als die „Richtung auf das Vollkommene“ begründet und nur

durch diesen Sittlichkeitsbegriff ergibt sich jener Begriffsbau, den

wir errichteten.

Mit den Vorrangsätzen ist die Grundlage für die Rangfeststellung

der Güter, Tugenden und ihrer Entsprechungen im wesentlichen

geschaffen. In den V o r r a n g s ä t z e n f a l l e n d i e E n t -

s c h e i d u n g e n ü b e r a l l e j e n e W e r t e , u m w e l c h e

d i e S i t t l i c h k e i t a l l e r Z e i t e n i n D e n k e n u n d

W i r k l i c h k e i t s i c h b e m ü h t .

Die Vorranglehre ist die kostbarste Frucht der Gesellschafts-

philosophie. Sie zieht die letzte Summe der gesamten Sittenlehre.

1

Das Gegenteil behauptet die „materialistische Geschichtsauffassung“ Mar-

xens, für deren Widerlegung ich auf mein Buch: Der wahre Staat, 4. Aufl.,

Jena 1938, S. 122 ff., verweise.

2

Siehe oben S. 143 ff.