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spricht die Freiheit. Die Freiheit ist für Quesnay nicht bloß ein

psychologischer Begriff (Willensfreiheit) und nicht bloß ein wirt-

schaftspolitischer und staatspolitischer, sondern ein Begriff, welcher

das Wesen der gesellschaftlichen Wirtschaft rein analytisch darstellt,

daher ein Begriff, welcher die atomistische Auffassung der Wirt-

schaft begründet. Sie mündet in dem andern Begriff der „natürli-

chen Ordnung“, des ordre naturel. Der ordre naturel ist dann gege-

ben, wenn die natürlichen, nämlich die freien, eigennützigen Hand-

lungen der Menschen ungehindert Zusammentreffen. Auf diese Weise

ergeben sich die Erscheinungen der Wirtschaft (Verkehrswirtschaft

— man denke an den Markt als Beispiel). Das Zusammentreffen der

Wirtschaftsatome im ordre naturel ergibt eindeutige Kausalvor-

gänge. Darum ist auch für Quesnay die Wirtschaftswissenschaft ein

Zweig der Naturwissenschaft, eine nach „Maß und Gewicht“ rech-

nende, quantitative Wissenschaft

1

.

Mit dem Eigennutz war das „deduktive Verfahren“, richtiger abstraktes Ver-

fahren genannt, als das für die Volkswirtschaftslehre grundlegende gegeben, da

man nun die Handlungen des einzelnen Wirtschafters, als durch den Eigennutz

eindeutig bestimmt, im voraus deduzieren konnte. Es war ferner damit die

abstrakte Trennung der Wirtschaft von den übrigen gesellschaftlichen Teilin-

halten gegeben. Es galt nämlich jetzt, nur dasjenige Handeln zu erforschen, das

unter dem Einflusse des wirtschaftlichen Motives, des Eigennutzes, entstand.

Die theoretische Volkswirtschaftslehre wurde damit eine rein konstruktive, un-

geschichtliche Wissenschaft.

In wirtschaftspolitischer Hinsicht war mit diesen Lehrbegriffen gefordert, daß

die Freiheit, wenn sie wesensgemäß ist, auch politisch zu fordern sei. Der Grund-

satz: laissez faire, laisez passer, le monde va de lui même kennzeichnet dies aufs

deutlichste. Denn er verlangt die Wirtschaftsfreiheit ausdrücklich deswegen, weil

es das Wesen der Welt ist, von selber zu gehen, und staatliche Regelung nur

als Hemmung und Beschränkung wirken kann.

C.

A d a m S m i t h u n d s e i n e S c h u l e

1.

Adam Smith

Eine engere Verbindung der Volkswirtschaftslehre mit der

Philosophie als bei Quesnay finden wir bei A d a m S m i t h

(1723—1790), der selbst Professor für Logik und Moral an der Uni-

1

Die Nachweise hierfür siehe bei August Oncken: Geschichte der National-

ökonomie, Leipzig 1902, S. 342 f.

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