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Gottheit (petite divinité). Das befähigt die Geister, in eine Art

Gemeinschaft mit Gott zu treten, und Gott ist für sie nicht nur das,

was der Erfinder für seine Maschine is t. .., sondern auch das, was

ein Fürst für seine Untertanen, ja ein Vater für seine Kinder ist

1

.“

Ähnlich Kant: (Das Reich der Sittlichkeit ist) „ein Corpus my-

sticum der vernünftigen Wesen, ... ein Mundus intelligibilis unter

einem weisen Urheber und Regierer“

2

.

Die Welt des sozialen Lebens, die Ordnung der größeren und

kleineren sozialen Gemeinschaften und die Stellung des Individu-

ums in dieser Ordnung kann — so lehrt Spann — ohne die Er-

kenntnis dieser metaphysischen Grundlagen nicht verstanden wer-

den.

B.

Wie w i r d d i e I d e e z u m o b j e k t i v e n G e i s t e ?

Es gibt keine Gesellschaftsphilosophie, in der die Gesellschaft eine

würdigere Stellung hätte als in der Philosophie Othmar Spanns.

Diese Würde beruht nicht wesenhaft auf dem Machtvorrange, son-

dern auf der ontologischen Stellung des objektiven Geistes in sei-

nem Verhältnisse zum absoluten Geiste einerseits und zum subjek-

tiven Geiste andererseits. Es sollen daher die entscheidenden Sätze

aus unserem Werke herausgehoben und damit unterstrichen werden:

„Wenn das metaphysische Über-Dir über jedem Menschen unmit-

telbar und einzeln (je allein) wäre und wirkte, da ergäbe sich dar-

aus niemals ein gemeinsames gesellschaftliches Ober-Dir (das die

einzelnen auch nicht als G l i e d e r in sich zu fassen vermöchte)

... Überall, wo der Schöpfer den geschaffenen einzelnen Wesen un-

v e r m i t t e l t gegenübersteht, wäre dann die Lehre vom meta-

physischen Über-Dir einer individualistisch-atomistischen Auffas-

sung der Gesellschaft und Welt gegenüber widerstandslos, wodurch

sie schließlich sich selbst aufgäbe. Denn dann schüfe Gott eigentlich

keine Welt, sondern viele einzelne Dinge, keine Menschheit, keine

Gemeinschaft, sondern viele einzelne Menschen

3

.“

1

Gottfried Wilhelm Leibniz: Monadologie, 83, 84.

2

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft, neu herausgegeben von

Raymund Schmidt (= Philosophische Bibliothek, Bd 37 d), Leipzig 1926, II,

2. Hauptstück, 2. Abschnitt.

3

Siehe oben S. 110 f.