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gemäße Gestaltung des menschlichen Lebens), daher notwendig sub-

jektivistisch, atomistisch, mechanistisch, endlich in sozialer Hinsicht

individualistisch. In England entsprang aus dieser Wurzel die mili-

tarische Sitten- und Gemeinschaftslehre S h a f t e s b u r y s (f 1713),

die allerdings Hobbes’ Naturzustand ablehnt und auch idealistische

Elemente enthält. — Ein Hauptbegriff der englischen Aufklärung

war der „common sense“ (gesunde Menschenverstand). In Frank-

reich wurde der Sensualismus und Materialismus von D i d e r o t ,

C o n d i l l a c , H e l v e t i u s und anderen ausgebildet, der dann

ganz Europa beeinflußte.

Mit den bereits erörterten aufklärerischen Naturrechts- und

Vertragstheorien hängt aufs engste die Entwicklung der Lehre / von

der S o u v e r ä n i t ä t zusammen, welchen Begriff zuerst Jean

Bodin („De la République“, 1576), aber als Fürstensouveränität,

scharf formuliert hatte. Er gestaltete sich immer mehr zur Lehre

von der Volkssouveränität, so schon bei Althusius. Nach dieser

Lehre ist die eigentliche und einzige Quelle der Staatsgewalt das

Volk, da aus dem Willen der Bürger, durch ihr freiwilliges Zusam-

mentreten, der Staatsvertrag hervorgegangen sei. Nach Hobbes geht

dann allerdings die Volkssouveränität auf den Herrscher über.

M o n t e s q u i e u („L’Esprit des Lois", 1748) aber entwickelte die

Lehre von der T e i l u n g d e r G e w a l t e n , das heißt die Theorie

des Konstitutionalismus, welche fast ein Jahrhundert hindurch die

Staatswissenschaften beherrschte und allen europäischen Verfassun-

gen Pate gestanden hat. Ihr zufolge soll die g e s e t z g e b e n d e G e -

w a l t in den Händen eines frei gewählten Parlamentes, die a u s -

f ü h r e n d e G e w a l t oder Exekutive in den Händen eines

Monarchen mit verantwortlichen Ministern und die r i c h t e r -

l i c h e G e w a l t in den Händen eines unabhängigen Richterstan-

des liegen.

In Wahrheit ist jedoch die ausführende Gewalt auch die vorzugsweise

gesetzgebende Gewalt, da die allermeisten Gesetze in den Ministerien,

nicht in den Parlamenten entstehen. Die Forderung nach Trennung der

Gewalten ist ein Zeichen des Verfalles, ein Zeichen mangelnder Einheit

und erstrebter Mechanisierung des Staatslebens. — Ein Irrtum ist es, die

Gedanken Montesquieus für ursprünglich zu halten. Sein unmittelbarer

Vorgänger in der Teilungslehre war L o c k e . Außerdem findet sich die

Unterscheidung der gesetzgebenden, richterlichen und ausführenden Ge-

walt mit aller Deutlichkeit schon in Aristoteles’ Politik (B. VII, 1); aller-

dings hat Aristoteles ihre politische Trennung nicht gefordert.