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des Hebels gemäß wirkt, ist eben auch technisch (energetisch) etwas

N e u e s gegenüber den bloßen Rohstoffen, aus denen sie bestehen.

„Güter“ sind also weder durch ihre Stofflichkeit noch durch ihre

Nichtstofflichkeit gekennzeichnet, sondern dadurch: daß sie die-

nende Mittel sind zur Erreichung von Zielen. Brot (stofflich) ist ein

Mittel, um leiblichen Hunger, Geigenspiel (nichtstofflich) ein Mittel,

um Musikhunger zu stillen. Dieses Mittelsein, die L e i s t u n g f ü r

d a s Z i e l i s t d a s W i r t s c h a f t l i c h e a m G u t e , die stoff-

liche oder nichtstoffliche Artung des Gutes ist keine wirtschaftliche,

sondern eine technische Eigenschaft.

Ein weiterer Einwand gegen Quesnay ist endlich der, daß es

neben der körperlichen auch geistige Urerzeuger gibt, die er ganz

übersehen hat. Erfinder, Unternehmer, Staatsmänner, Künstler, Ge-

lehrte sind solche geistige Urerzeuger, welche das ganze Heer von

Verlegern, Buchdruckern, Schriftsetzern, Buchhändlern, Instrumen-

tenmachern, Maschinenbauern und so fort nebst allen ihren Hilfs-

gewerben ganz ebenso als „Motor“ „in Bewegung setzen“, wie

nach Turgot die Landwirte das Gewerbe. Hat doch Aristoteles allein

durch die Jahrtausende hindurch Milliarden gewerblicher Arbeits-

stunden veranlaßt, und seine Setzer, Verleger, Buchhändler, Pa-

piererzeuger ebenso wie seine / Ausleger mittelbar „ernährt“. Die

L e h r e v o m „ M a r s c h d e r G ü t e r “ i s t d a h e r s c h o n

d a r u m f a l s c h , w e i l s i c h d i e g e i s t i g e n U r e r z e u g -

n i s s e unverbrauchlich w e i t e r v e r w e n d e n l a s s e n .

Der noch heute im Volksbewußtsein wirksamste Beweisgrund der

Physiokraten war aber dieser: daß der Landwirt den Gewerbetreiben-

den und Kaufmann e r n ä h r e . Das ist an sich zweifellos richtig; nur

folgt daraus noch nicht die alleinige Fruchtbarkeit des Landwirtes. Es ist

zu entgegnen: daß G e w e r b e , H a n d e l , G e l e h r t e d a f ü r d e n

L a n d m a n n a u s s t a t t e n , sowohl mit Gebrauchsgütern, z. B. Klei-

dern, als mit Erzeugungsgütern, z. B. Werkzeugen, als auch mit geistigen

Gütern, z. B. Kenntnissen. Diese Ausstattung ist ebenso unentbehrlich

wie jene mit Nahrungsmitteln. Allerdings ist zuzugeben, daß die aller-

dringlichsten Bedürfnisse die der Ernährung sind. Dies allein ist der

r i c h t i g e K e r n d e r F r u c h t b a r k e i t s t h e o r i e

Q u e s n a y s :

daß sich unser Wohlstand, unsere Wirtschaft in Stufen von verschiedener

Dringlichkeit und Wichtigkeit aufbaut. Das bedeutet aber nicht, daß die

weniger dringlichen Erzeugungen deshalb w e n i g e r f r u c h t b a r wä-

ren. Der Gesichtspunkt für die Beurteilung der Fruchtbarkeit einer Ar-

beit ist vielmehr der: es ist eine Frage unseres Wohlstandes, wie viele

unserer Bedürfnisse wir befriedigen können; was dann innerhalb der er-

reichbaren Wohlstandsgrenze bleibt, ist alles grundsätzlich gleich frucht-