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bar: Begriff der Gleichwichtigkeit aller Leistungen zur Erreichung eines
b e s t i m m t e n Leistungsstandes oder Gesamtnutzens. — Wenn wir
Zielen nachstreben, die wir wirtschaftlicherweise nicht befriedigen kön-
nen — z. B. plötzlich tausendmal so viele Lehrpersonen in Deutschland
anstellen würden als vorher — dann arbeiten wir allerdings unfruchtbar,
weil dann eine unnütze Überfülle an Bildungsarbeit geleistet werden
würde, während andere Ziele, z. B. der Nahrung und Wohnung, ungestillt
blieben. Ganz dasselbe trifft aber ein, wenn man die Anzahl der Bauern
vertausendfacht! Die Sicherstellung der wichtigeren Güter vor den je-
weils unwichtigeren heißt also nichts anderes als: daß die sinnvolle Ver-
hältnismäßigkeit aller Erzeugungszweige in der Volkswirtschaft gewahrt
bleibe; denn bei richtig abgestimmtem Gliederbau der Wirtschaft ist kein
Glied unfruchtbar.
Aus allem folgt, daß Handel, Gewerbe, geistige Berufe in Wahrheit
kein abgeleitetes Einkommen haben, sondern ebenso ursprünglich hervor-
bringen wie die Urerzeugung.
d.
Der Gutsbegriff
Aus dem Bisherigen geht die Wichtigkeit des Gutsbegriffes für
das gesamte volkswirtschaftliche Denken hervor. Die Bestimmung
dessen, was ein Gut sei, ist für die Entscheidung darüber, wer pro-
duktiv, das heißt Güter herstellend wirtschaftet, grundlegend.
Wenn noch heute meistens die Lehrbücher sagen, die Tätigkeit der
Lehrer, Gelehrten, Ärzte, Staatsmänner und Politiker, des Handels,
der Spekulation sei unfruchtbar und nur möglich, weil Bauern und
Gewerbetreibende ihnen das Einkommen liefern, sie „erhalten“; ihr
Einkommen sei daher „ab- / geleiteter“ Natur, so ist das einer sol-
chen Fassung des Gutsbegriffes zuzuschreiben, die nur Sachgegen-
stände, nicht aber Immaterielles, als Güter anerkennt. Wie aber die
gewerbliche Erzeugung nicht „steril“ ist, sind auch die geistigen Be-
rufe und der Handel nicht „steril“ — sofern sie für die Erreichung
eines Zieles etwas l e i s t e n
1
. Demgemäß muß als Gut jedes Mittel,
sei es ein Stoff (Sachgut), ein persönlicher Dienst, eine Kenntnis
(geistiges Gut), ein Verhältnis, ein Recht, betrachtet werden, sofern
es in den Zusammenhang wirtschaftlicher Tätigkeit passiv eingeht.
Gut ist das p a s s i v e M i t t e l , Handlung das aktive (genauer:
verhältnismäßig aktive). Die Gutseigenschaft ist daher unabhängig
von der stofflichen oder geistigen Artung. Wirtschaftlich fruchtbar
ist dann jede Tätigkeit, die ein Gut hervorbringt, wenn sie die Be-
dingungen der Fruchtbarkeit, besonders „Verhältnismäßigkeit“ und
1
Wie oben S. 60 f. dargelegt.