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Gegen die „englisch-französische Soziologie“ argumentiert er insbe-

sondere folgendermaßen: Comtes Soziologie, welche aus der Biolo-

gie eine Entwicklungsformel der Geschichte ableitet, hat „derbe

naturalistische Metaphysik“ zur Grundlage. In ihr wird eine Ein-

ordnung der geistigen Erscheinungen unter den Zusammenhang der

Naturerkenntnis, insbesondere der Biologie unternommen, welche

sich auf zwei Voraussetzungen gründet. Die erste besteht in der An-

nahme der ausschließlichen Bedingtheit psychischer Zustände durch

physiologische; sie ist unbeweisbar. Die zweite dagegen sei nicht

bloß unbeweisbar, sondern falsch. Nämlich die Behauptung, daß

innere Wahrnehmung, Selbstbeobachtung in sich unmöglich sei. —

John Stuart Mill und Henry Thomas Buckle (welche dann auf Her-

bert Spencer, Albert Schäffle und andere eingewirkt haben) haben

zwar mit den gröberen Irrtümern Comtes und seiner Metaphysik

gebrochen, aber ihr Verfahren einer Übertragung naturwissenschaft-

licher Methoden in die Geisteswissenschaften ist unfruchtbar. Denn

die Wissenschaften des Geistes „haben eine ganz andere Grundlage

und Struktur als die der Natur“

1

.

2 . K r i t i k

Nach dieser Skizze der wesentlichsten Gedankengänge von Dil-

theys Kritik der Soziologie, in welcher die Problematisation der

Auseinanderlegung der Gesellschaft in Objektivationssysteme un-

mittelbar enthalten ist, und nach der Darstellung seines eigenen

Programmes einer erkenntnistheoretischen Grundlegung der Gei-

steswissenschaften betrachten wir zunächst die erstere, da uns in die-

sem Zusammenhange seine Problementwicklung vor allem inter-

essiert. Wir sahen Diltheys Verneinung der Soziologie sich stützen:

1. auf eine grundsätzliche Verneinung der Art, wie sie sich ihr

P r o b l e m stellt, nämlich unmittelbar statt mittelbar, und es er-

faßt, nämlich keinesfalls erkenntnistheoretisch, und 2. auf eine

grundsätzliche Verneinung ihrer M e t h o d e n .

Wir wollen zuvörderst die letztere Seite der Kritik Diltheys fest-

halten und gehen daher zu der Frage über:

1

Wilhelm Dilthey: Einführung in die Geisteswissenschaft, Bd 1, Leipzig 1883,

S. 136.