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gen des „laissez-faire“ doch nie ganz fehlten. Diesen letzteren Weg

gingen Malthus und Ricardo.

1 . D a r s t e l l u n g d e r M a l t h u s i s c h e n

B e v ö l k e r u n g s t h e o r i e

T h o m a s R o b e r t M a l t h u s (1766—1834), in Dorking bei London

geboren, wurde Geistlicher der anglikanischen Kirche und sammelte in

dieser Stellung Erfahrungen in der Armenpflege. Sie führten ihn zu der

Ansicht, daß die Hauptursache der Armut in der übermäßigen Bevölke-

rungsvermehrung liege. Im Jahre 1798 entwickelte er zuerst ohne Namen

seine Lehre in dem Buche „Versuch über das Bevölkerungsgesetz“ (deutsch

zuletzt Jena 1925); 1799 bereiste er Norwegen, Schweden und Rußland,

später Frankreich; 1803 erschien der „Versuch“ in umgearbeiteter, durch

statistischen und geschichtlichen Stoff sehr bereicherter Ausgabe und er-

regte großes Aufsehen. 1804 wurde Malthus Professor im East-India-Col-

lege, 1820 erschienen die im Geiste der Smithischen und Ricardischen

Lehre verfaßten „Grundsätze der politischen Ökonomie“ (deutsch Berlin

1910). Weitere Schriften siehe unten Seite 84.

Malthus geht davon aus, daß alles Leben befähigt sei und das

Streben habe, sich ins Unbegrenzte zu vermehren. Er verdeutlicht

dies an einem Beispiel seines Vorgängers Franklin. Wäre die Erde

von anderen Pflanzen frei, so könnte sie nach und nach mit einer

einzigen Gattung bedeckt sein, z. B. mit Fenchel, und wäre sie von

anderen Bewohnern leer, so könnte sie bald mit einem einzigen

Volke angefüllt sein, z. B. mit Engländern. Es folgt daraus der Satz:

Die B e v ö l k e r u n g h a t d i e s t ä n d i g e N e i g u n g , s i c h

ü b e r i h r e U n t e r h a l t s m i t t e l h i n a u s z u v e r m e h r e n .

Nach Beobachtungen, die Malthus an den nordamerikanischen Sied-

lungen machte, wo fruchtbarer, noch unbebauter Boden vorhanden

war und die Bevölkerung sich im wesentlichen fast ungehemmt ver-

mehren konnte, glaubte er feststellen zu können, daß sie sich etwa

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Jahrhunderte hindurch in je 25 Jahren immer wieder verdop-

pelt habe. Daraus ergibt sich, daß das natürliche Wachstum einer

Bevölkerung fortschreite wie 1, 2, 4, 8, 16, 32, 64 und so fort. Die

Bevölkerung wächst also, ihrer natürlichen, ungehemmten Ver-

mehrung nach, in geometrischer Fortschreitung (Progression). Das

Verhältnis, in welchem die Bodenerzeugnisse wachsen, kann hin-

gegen unmöglich gleich groß sein. Im günstigsten Falle ist anzu-

nehmen, daß ihre Vermehrung zwar durch fortgesetzte Verbesse-

rung der Landwirtschaft praktisch fast ins Unbegrenzte gehe, not-