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bleibender Technik der Arbeit, jedes Mehr an Kapital und Arbeit

über ein gewisses Bestverhältnis (das O p t i m u m des Aufwandes)

hinaus einen immer geringeren Mehrertrag gibt. Demnach haben

von jenem Punkte an gleiche Kapital- und Arbeitszusätze nicht

mehr gleiche, sondern abnehmende Ertragszuwüchse; oder allge-

meiner ausgedrückt: die Mehraufwände arbeiten unter sonst gleichen

Umständen mit abnehmender Ergiebigkeit. Bringt z. B. ein Auf-

wand von 1000 Kapitaleinheiten Erträge von 500, so brächte ein

zweites Tausend nur 300, ein drittes nur 200 und so fort.

Diese Anschauung wurde im Kerne schon von T u r g o t , fernerhin

von James Anderson (1777)

1

, später von Eduard West (Versuch über die

Anwendung von Kapital auf den Boden, 1815) begründet. Fälschlich wird

sie / in Verbindung mit der Grundrentenlehre an R i c a r d o s Namen,

auch an den noch späteren Nassau William Seniors (An Introductory

Lecture on Political Economy, London 1826), angeknüpft. Das „Gesetz des

abnehmenden Bodenertrages“ wird bis heute von den meisten Lehrern,

trotzdem es auch immer wieder Gegner fand, vertreten.

Die Notwendigkeit abnehmenden Ertragszuwuchses vom er-

reichten O p t i m u m a n ist sogar logisch deduzierbar! Darüber in

aller Kürze folgendes: Im Gewerbe wird die Forderung, das Dop-

pelte an Erzeugnis zu liefern, dadurch erfüllt, daß man 2 Arbeiter,

2 Maschinen, 2 Rohstoffe dort setzt, wo früher nur einer war.

In der Arbeit auf dem Boden ist aber die Tatsache grundlegend,

daß die Fläche eines Grundstückes und auch das dazugehörige Maß

von Licht, Luft, Wärme, Feuchtigkeit und Nährstoffen streng

gegeben (oder doch sehr begrenzt) ist, so daß also in der ackerbau-

lichen Erzeugung eine Reihe von Hervorbringungsbedingungen

unveränderlich f e s t g e l e g t sind und nur die in Arbeits- und

Kapitalaufwand gegebenen Bedingungen beliebig verändert werden

können. W e n n a b e r e i n i g e H e r v o r b r i n g u n g s b e d i n -

g u n g e n f e s t g e l e g t s i n d , s o k a n n d i e e i n s e i t i g e

V e r m e h r u n g d e r n i c h t f e s t g e l e g t e n u n m ö g l i c h

v o l l e , d i e s e r V e r m e h r u n g e n t s p r e c h e n d e E r t r ä g e

l i e f e r n ; die immer weiteren einseitigen Zusätze können in die-

1

James Anderson: An Inquiry into the Nature of the Corn-laws,

Edinburgh 1777; deutsch: Drei Schriften über Korngesetze und Grund-

rente, herausgegeben von Lujo Brentano, Leipzig 1893. — Anderson ent-

wickelte auch die unten bei Ricardo vorgetragene Grundrentenlehre,

allerdings mit entgegengesetzten wirtschaftspolitischen Folgerungen,

siehe unten S. 97.