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schiedenen Merkmale durch diese Einheit, Substanz, gleichsam ge-
tragen würden), nein. Vielmehr ist der Begriff die Summe der Merk-
male (ein statistischer Durchschnitt „gemeinsamer“ Merkmale);
das vom Begriff bezeichnete Ding oder das von ihm bezeichnete
Allgemeine ist ebenfalls nur die Summe einzelner Eigenschaften. —
An die S t e l l e d e s „ S u b s t a n z b e g r i f f e s “ t r i t t
n u n m e h r d e r „ R e l a t i o n s - / b e g r i f f“, wonach die Be-
ziehungen der einzelnen Merkmale von den Begriffen ausgesagt wer-
den (nicht aber die Einheit der Merkmale oder Eigenschaften in
einer nur eingebildeten „Substanz“, die der Idealismus behauptet).
Wenn man sagt: „Der ,Relationsbegriff' oder ,Funktionsbegriff'
tritt an die Stelle des bisherigen S u b s t a n z b e g r i f f e s“, so
nimmt man dabei das Wort „ F u n k t i o n “ im mathematisch-
mechanischen Sinn (gleichwie zum Beispiel die Oberfläche einer
Kugel die „Funktion“ der Vergrößerung oder Verkleinerung des
Radius ist), nicht im zweckhaften, teleologischen Sinne (wie zum
Beispiel die Funktion des Herzens das Pumpen für den Blutkreislauf
wäre). Uber „Logistik“ siehe unten Seite 49.
Die Assoziationspsychologie, die individualistische Gesellschafts-
lehre und die individualistische Volkswirtschaftslehre sind die
Hauptbeispiele für die B e g r ü n d u n g d e r G e i s t e s w i s -
s e n s c h a f t e n d u r c h d a s p o s i t i v i s t i s c h e V e r -
f a h r e n . Seelen-, Gesellschafts- und Volkswirtschaftslehre sollten
als „ s o z i a l e P h y s i k“, das heißt wie die Naturwissen-
schaften, begründet werden. Das folgt nicht nur aus den dargelegten
Voraussetzungen, sondern auch aus der Übertragung des Begriffes
der mechanischen Ursächlichkeit auf die gesamten Erscheinungen
der Erfahrung. Nicht nur die Naturerscheinungen, auch die seelisch-
geistig-gesellschaftlichen Erscheinungen gelten als der mechanisch-
ursächlichen Notwendigkeit unterworfen. Die Übertragung der ge-
schlossenen Naturursächlichkeit auf die geistigen Erscheinungen er-
gibt das Erkenntnisideal der sogenannten L a p l a c i s c h e n
W e l t f o r m e l , wonach, ähnlich wie z. B. für die Mechanik das
Gravitationsgesetz, so auch für die anderen Erscheinungsgebiete je-
weils Grundgesetze gefunden werden müßten, deren Vereinigung
in einer einzigen Gesamtformel, der „Weltformel“, nach Laplace
das Vorwärts- und Rückwärtsberechnen sämtlicher Geschehnisse,
auch der geistigen und geschichtlichen, ermöglichen würde.