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Gesetz des abnehmenden Bodenertrages zwar zu Recht bestehe,
daß aber die Ergiebigkeitsverluste in der landwirtschaftlichen Arbeit
durch technische Fortschritte in Gewerbe und Landwirtschaft stets
und grundsätzlich überholt, überkompensiert würden; daher wäre
zunehmende Bevölkerung kein Elendsgrund, sondern ein Grund
steigenden Wohlstandes. Schon die Fortschritte der Landwirtschafts-
technik seien groß genug, das Gesetz des abnehmenden Bodener-
trages zu überholen, noch mehr die anderen Umstände. Erst die
dichte Bevölkerung ermögliche ein billiges Verkehrswesen (Eisen-
bahnen, Kanäle) und schaffe so die großen Märkte, was wieder eine
ausgedehnte Anwendung der territorialen Arbeitsteilung und des
Großbetriebes ermögliche. Alle diese ungeheuren Fruchtbarkeits-
fortschritte bedeuten eine reichliche Überholung über die Abnahme
der Fruchtbarkeit der Mehraufwände in der Landwirtschaft hinaus.
So Oppenheimer, Carey, George und Dühring. Carey sagte: Je
mehr Menschen, desto mehr wächst ihre Kraft, „Forderungen an die
Schatzkammer der Natur zu stellen“. Er gab daher das Gesetz des
abnehmenden Bodenertrages nicht zu.
Ist dieser Optimismus berechtigt? Ist sein Gedankengang logisch
richtig? Das werden wir später zu prüfen haben.
d.
Der Geburtenrückgang
Vor 1914 wies eine Anzahl von Gelehrten mit Hilfe großen statisti-
schen Rüstzeugs auf den steten Geburtenrückgang hin, der sich etwa
seit den siebziger Jahren fast in allen Ländern der gesitteten Welt und
schon früher in Frankreich zeigte. In Deutschland war es zuerst J u l i u s
W o l f und später M o m b e r t , die daran eine Anfechtung Malthusens
knüpften
1
; in Frankreich hatten schon früher B e r t i l i o n , S m i s -
s e n und andere ähnlich gefolgert. Nach einigem Schwanken konnte
damals bald kein Zweifel darüber sein, daß ein Rückgang der Gebur-
ten wirklich stattfinde, ja für Deutschland (denn für F r a n k r e i c h
2
war der Rückgang / längst nachgewiesen), daß dieser Rückgang mit einem
Sinken des Heiratsalters, das heißt einem Zunehmen früher Eheschlie-
ßung, verbunden war, daher vor allem auf einer Einschränkung der Ge-
burtenzahl innerhalb der Ehen beruhte, also auf einer künstlich vor-
beugenden Einflußnahme. Andere Ursachen, wie z. B. das Zurückgehen
der Kindersterblichkeit (welches selbsttätig den Geburtennachschub in
1
Siehe oben S. 85; dort auch die abschließenden Arbeiten Friedrich
Burgdörfers.
2
Vgl. jetzt Jacques Bertillon: La dépopulation de la France, Paris 1911.
—- Für die frühere Zeit Joseph Goldstein: Bevölkerungsprobleme und
Berufsgliederung in Frankreich, Berlin 1900.