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gehören nicht den Dingen, sondern uns an. — Hobbes entwickelt
hier also eine Lehre von der Relativität und Subjektivität der Emp-
findungen (im 19. Jahrhundert als Lehre von der „ S u b j e k t i -
v i t ä t d e r S i n n e s q u a l i t ä t e n “ physiologisch neu be-
gründet). Aber neben rein sensualistischen Sätzen steht der rein
m a t e r i a l i s t i s c h e : daß die Empfindung nichts sei als Be-
wegung k ö r p e r l i c h e r Teile
1
. — Aus den Empfindungen
bauen sich nach Hobbes die Erkenntnisse auf, indem die Erinne-
rungen a s s o z i i e r t werden (mechanische Ideenassoziation). Die
Worte der Sprache sind Zeichen, die wir mit Vorstellungen ver-
knüpfen, Rechenpfennige unseres Denkens. — Lust und Schmerz
sind die Grundlagen des Meidens und Begehrens. Der Wille ist
nicht frei. Gut ist, was begehrt, schlecht, was verabscheut wird,
und zwar verschieden nach den einzelnen Menschen. Von Natur
begehren alle ihren Vorteil. Ein absoluter Unterschied zwischen
Gut und Böse besteht nicht.
Ebenso entschieden wie eine sensualistische und subjektivistische
Sittenlehre begründet Hobbes eine i n d i v i d u a l i s t i s c h e
G e s e l l s c h a f t s l e h r e , und zwar in der Form des indivi-
dualistischen N a t u r r e c h t e s : Im Naturzustande sind alle
Menschen absolut frei. Es herrscht der Krieg aller gegen alle (bellum
omnium contra omnes) und die Furcht aller vor allen. Erst durch
einen Vertrag, den die Menschen aus Furcht und durch Vernunft
schließen (Rationalismus des Naturrechtes) verzichten sie auf einen
Teil ihrer unbegrenzten Rechte (auf jene, welche Leben und Eigen-
tum betreffen). Sie übertragen ihn auf eine Versammlung oder
einen Einzelnen und gründen dadurch den S t a a t . Da nur die
Furcht die Bürger zwingen kann, soll der Herrscher absolute Ge-
walt haben.
Rechnet man einige widerspruchsvolle materialistische Sätze und
ferner dasjenige, was Hobbes mit Rücksicht auf die Zeitverhält-
nisse verschleierte, ab, so haben wir bei Hobbes die folgestrengste,
daher lehrreichste Durchführung sensualistischer Gedanken in Er-
kenntnislehre, Sittenlehre, Staats- und Gesellschaftslehre vor uns
2
. /
1
Vgl. darüber oben S. 35.
2
Über den P r a g m a t i s m u s von Hobbes siehe oben S. 28.