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besteht darin, eine Zergliederung der Erfahrung, also eine Erkennt-

nistheorie zu begründen; soferne aber der sinnliche Ursprung der

Erfahrung dem höheren Empirismus nur selbstverständliche Vor-

aussetzung, sein eigentlicher Forschungsgegenstand aber das Er-

kenntnisvermögen, der Verstand, ist, so wird sich ihm die Unter-

suchung notwendig mehr in eine r a t i o n a l i s t i s c h e E r -

k e n n t n i s t h e o r i e verwandeln als dem einfachen Empiris-

mus; und sie wird ferner auch von selbst auf die Ausbildung der

Verfahrenlehre ihr Augenmerk richten. Wie wir denn überall, wo

die Erkenntnistheorie gepflegt wird, die Verfahrenlehre nachfolgen

sehen.

Dem allem entspricht es, daß eine wesentliche Verschiebung in /

den begrifflichen Ausprägungen nicht stattfindet. Auch der Ratio-

nalismus wird den früher dargestellten Sensualismus, Relativismus,

Utilitarismus, Individualismus usw. festhalten, aber ihm allerdings

eine verfeinerte Form zu geben suchen. Ebenso sind die geschicht-

lichen Ausprägungen des rationalistischen Empirismus vom sensua-

listischen nicht streng zu trennen. Wir begnügen uns im folgenden

damit, als Hauptvertreter John Locke, David Hume und einige

Neuere hervorzuheben. Auch Thomas Hobbes hierher zu rechnen,

wäre nahe gelegen, da er aber mehr seine Gesellschaftslehre als seine

Erkenntnislehre ausbildete, doch kaum durchführbar. A u g u s t e

C o m t e dagegen, der übrigens nur die Gesellschafts- und Verfah-

renlehre pflegte, bildete mehr eine Richtung auf das Tatsächliche,

Gesetzte, „Positive“ als auf das Rationalistische aus

1

.

1. J o h n L o c k e (1632—1704)

Locke will die Fähigkeiten, das Vermögen unserer Erkenntnis

prüfen. Dadurch werden die Untersuchungen von Anbeginn auf

eine höhere Ebene erhoben als bei seinen Vorgängern. Es kommt

zwar nicht zu einer „Kritik“ im Kantischen Sinne, dazu war seine

gesamte Lehre zu seicht, aber doch zu einem rationalistischen Em-

pirismus.

In der 1. Abteilung seines Werkes „An Essay Concerning Human Under-

standing“ (1690) unterschied Locke, wie vor ihm Descartes, e i n f a c h e u n d

k o m p l e x e V o r s t e l l u n g e n („Ideen“) und verneinte die dritte Art von

1

Siehe oben S. 28.