[52/53]
55
geschlossenen Naturursächlichkeit (welche beide Annahmen wenigstens als „Ar-
beitshypothesen“ gelten müssen, soll die empiristische Voraussetzung festgehalten
werden); (3) hingegen steht die Lehre von der Trennung der Theologie und
Philosophie, des Glaubens und Wissens oder von der zweifachen Wahrheit in
unmittelbarem Widerspruch mit den Ansprüchen des Empirismus, das gesamte
Erfahrungsgebiet zu umfassen.
In geschichtlicher Hinsicht ist zu beachten, daß die deistischen (weniger die /
pantheistischen) Ansichten, welche von den empiristischen Verfassern entwickelt
wurden, zum Teil auf p o l i t i s c h e m Opportunismus, auf dem Bestreben,
den Schein zu wahren und Verfolgungen zu entgehen, beruhen.
C .
E i n i g e a n d e r e g e s c h i c h t l i c h e F e h l -
u n d M i s c h s y s t e m e
Vermischungen von empiristischen mit idealistischen Grundge-
danken finden sich nicht nur in kümmerlichen, unwichtigen Lehr-
gebäuden, sondern bemerkenswerterweise gerade auch in solchen,
die in der geistesgeschichtlichen Entwicklung eine Rolle spielten.
Sehen wir näher zu, so zeigt sich allerdings, daß es sich dabei mei-
stens um Niedergangszeiten gehandelt hat. Wenn aber die überkom-
mene Geschichte der Philosophie diese Lehrgebäude ernsthaft und
breit behandelt, so hat sie zwar grundsätzlich ein Recht dazu, inso-
ferne sie nämlich G e i s t e s g e s c h i c h t e sein will, daher das,
was im Geschichtsverlaufe wirksam war, ausführlich behandeln muß.
Sie hat aber insoferne kein Recht dazu, als sie M a ß s t ä b e an-
wenden und das Falsche, widerspruchsvolle Gemischte auch als
solches kennzeichnen muß. Von dieser Seite her gesehen, bietet die
herkömmliche Geschichte der Philosophie einen irreführenden An-
blick.
Wir beschränken uns im Folgenden auf kurze Hinweise, da wir
einen Teil der zu nennenden Lehrgebäude noch in anderem Zu-
sammenhange behandeln.
Die S k e p t i k e r folgern aus dem Relativismus anderes als die
Sophisten. Aus der Unmöglichkeit, zu wahrer Erkenntnis zu ge-
langen, leiten sie statt Sinnengenusses die Wertlosigkeit des Lebens,
die Apathie und schließlich die Verachtung des Wissens, sogar der
Kultur ab. Hierin liegt ein romantisch-mystischer Zug, ein heim-
licher innerer Hader mit dem Schicksal, der unbedingt einen S i n n
des Lebens verlangt; ein Zug, in dem wir einen Widerspruch