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Die Lehren von V o l t a i r e u n d R o u s s e a u sind voller

Widersprüche. Beide waren keine Denker im philosophischen Sinn,

sondern mehr werbende Schriftsteller, welche zum Teil auch

Un-

holdische Mächte auf den Plan riefen.

Nicht nur Wahrheit und Irrtum, auch Gutes und Böses finden wir

in der Geschichte der Philosophie beisammen.

Z u s a t z ü b e r d a s V e r h ä l t n i s v o n E m p i r i s m u s u n d

R o m a n t i k

Grundsätzlich schließen sich beide aus, aber es waltet, wie zuvor angedeutet,

doch ein besonderes Verhältnis der Romantik zu dieser philosophischen Erlebnis-

stufe, das zunächst ganz allgemein verstanden sein will.

In der K u n s t ist die Romantik eine herrschende Erscheinung aller Zeiten:

das Schwanken des Menschen zwischen Zweifel und Zuversicht, Glaubenslosig-

keit und Glauben, nicht glauben können und glauben wollen, beherrscht allzeit

die Brust des Menschen und das menschliche Schaffen. Anders in der P h i l o -

s o p h i e . Hier gibt es kein ernsthaftes Schwanken, hier muß begrifflich etwas

Bestimmtes ausgemacht, der Empirismus überwunden werden. Nur in / einem

Punkte kann sich die romantische Haltung eine gewisse Geltung verschaffen, das

ist in der Sittenlehre: K y n i s m u s , S k e p t i z i s m u s des Altertums, S t o a

— diese Philosophien gelangen aus einer Art von romantischer Verzweiflung zur

Weltverachtung und zur Entsagung statt zum Hedonismus (Utilitätsethik), wel-

cher doch die reine Folgerung aus ihrem Empirismus gewesen wäre. In diesem

beschränkten Sinne könnte man bei jenen alten skeptischen Lehrrichtungen von

einem

s c h w e r m ü t i g e n

o d e r

r o m a n t i s c h e n

E m p i r i s m u s

sprechen, wie denn jeglicher Widerspruch im Menschendasein Gestalt gewinnen

kann.

III.

Rückblick auf den gesamten Empirismus

A .

Die h ä u s l i c h e n Z w i s t i g k e i t e n d e r

E m p i r i s t e n

Der Überblick, den wir über die systematischen und geschicht-

lichen Gestaltungen sowie über ihre Fehlformen bis jetzt gewannen,

ermöglicht es uns leicht, festzustellen, wie weit es sich bei ihren

Gegensätzen nur um innere Zwistigkeiten oder um grundsätzliche

Verschiedenheiten handelt. Die früheren Bemerkungen über die

Fehl- und Mischformen galten grundsätzlichen Verschiedenheiten;

die folgenden sollen den nichtwesentlichen, den nur häuslichen Zwi-

stigkeiten gelten.