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zu Geburtenbeschränkung und völkischem Untergang, universa-

listisch verstanden wird sie zu einer Lehre des Lebens.

/

3 .

D a r s t e l l u n g d e r L e h r e n R i c a r d o s

Ihre Vollendung erfuhr die Smithische Volkswirtschaftslehre

durch R i c a r d o , einen Mann von großem Scharfsinn, welcher

einer der einflußreichsten Wirtschaftsforscher des 19. Jahrhunderts

wurde, indem er die abstrakte und individualistische Richtung in

Smithens Lehre ausbildete.

David Ricardo (1772—-1823), als Sohn eines israelitischen Kaufmanns

portugiesischer Herkunft in London geboren, wurde teils in England,

teils in Holland erzogen, erlernte das Bank- und Börsengeschäft und

erwarb sich bald ein Vermögen. Anfangs beschäftigte er sich mit Mathe-

matik und Chemie, wandte sich aber, als er das Werk Adam Smiths

kennengelernt hatte, der Wirtschaftswissenschaft zu. Hauptwerk: On the

Principles of Political Economy and Taxation, London 1817

1

.

War Smith von Hume philosophisch abhängig, so war es Ricardo von

Bentham, dem „Utilitätsethiker“. Grundsätzliche Unterschiede zwischen

beiden Sozialphilosophen bestehen — wie entgegen der herkömmlichen

Meinung hervorzuheben ist — nicht. Hume wie Bentham führen die Ge-

sellschaft schließlich auf Lust und Unlust und damit auf den Eigennutz

des Einzelnen zurück. Darum erscheint sogar die Smithische Harmonie-

lehre bei Ricardo in abgeschwächter Form wieder, wie denn ohne sie

überhaupt kein „laisser-faire“ logisch denkbar ist.

a.

Wert-

und

Preislehre

Ricardos Fortbildung der Smithischen Lehre beginnt schon bei

der Erklärung des Wertes. Er läßt nicht wie Smith nur im Natur-

zustande die Arbeit für den Tauschwert der Güter maßgebend sein

(der Gebrauchswert wurde als allen Gütern gemeinsam ausgeschal-

tet), später aber Lohn, Profit und Grundrente; sondern er sagt:

Die Menge einfacher Arbeit, die zur Herstellung eines Gutes nötig

ist, bestimmt den Tauschwert oder Preis — allerdings nur bei be-

liebig vermehrbaren Gütern (das heißt bei nichtseltenen Gütern,

wodurch auch die Seltenheit in die Wertlehre eingeführt wird, die

aber gegenüber der eigentlich wertschaffenden Substanz, der Arbeit,

1

David Ricardo: Die Grundsätze der politischen Ökonomie oder die

Staatswirtschaft und die Besteuerung, Weimar 1821; zuletzt ins Deutsche

übertragen und eingeleitet von Heinrich Waentig: Grundsätze der

Volkswirtschaft und Besteuerung (= Sammlung sozialwissenschaftlicher

Meister, 5), 3. Aufl., Jena 1923. — Vgl. Gustav Seidler-Schmid: Die Sy-

stemgedanken der sogenannten Klassischen Volkswirtschaftslehre, Jena

1926.