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das nicht den Tauschwert der Güter berühren, weil es ja nicht die
Arbeitsmenge ändert, das Gut bleibt 1000 h wert; sondern nur
den Profit; ebenso umgekehrt, das Steigen des Profites muß den
Lohn schmälern.
Andererseits ist Ricardos Wertlehre nicht einheitlich, sondern zum
Teil eklektisch und widerspruchsvoll
1
.
b.
Verteilungslehre
Wie bei Smith, ist auch bei Ricardo die Verteilungslehre eine
Fortbildung der Preislehre. Denn die Verteilung der Güter vollzieht
sich auf dem Markte, in den Preisgesetzen sind daher die / Vertei-
lungsgesetze enthalten. Jene Sonderpreise, die für die Verteilung
maßgebend werden, sind (wie bei Smith) durch die Produktions-
faktoren — Arbeit, Boden und Kapital — bestimmt. Demgemäß
sind für die Verteilung die Lehre vom Lohn, der Grundrente und
dem Kapitalprofit maßgebend.
α . G r u n d r e n t e n l e h r e
Den Gesetzen der Tauschwertbildung unterliegen auch die Bo-
denerzeugnisse. Als Bestandteil ihres Preises ist nach Ricardo neben
den Herstellungskosten nicht wie bei Smith noch eine Grundrente
anzunehmen, sondern die Grundrente entsteht erst als Folge der
Preisgesetze: durch Monopolstellung, die aus der nicht beliebigen
Vermehrbarkeit der guten Böden folgt.
Dieser Grundgedanke der nach ihm benannten Bodenrententheorie, die
er allerdings in eigener Gestalt vortrug, wurde schon früher von T u r -
g o t u n d v o n J a m e s A n d e r s o n (1739—1808, „An Inquiry into the
Nature of the Corn Laws“, Edinburgh 1777), ferner von W e s t (1815) und
namentlich von M a l t h u s
2
ausgesprochen. Anderson behauptete die
Nützlichkeit der Grundrente, da sie zur besseren Bestellung des Bodens
(Melioration) führe.
Ricardos Theorie der Grundrente sagt: In einem neu besiedelten
Lande, wo Überfluß an Boden ist, wird nur Boden erster Güte
von den Ansiedlern bebaut werden. Der Preis der nun gewonnenen
Bodenerzeugnisse wird, den Preisgesetzen beliebig vermehrbarer
Waren folgend, durch die Herstellungskosten bestimmt werden. In-
folge der wachsenden Bevölkerung aber wird alsbald eine verstärkte
Nachfrage nach Nahrungsmitteln entstehen, welche bewirkt, daß
die Bodenerzeugnisse so lange im Preise steigen, bis es auch lohnend
1
Siehe unten S. 100 und 103
f
2
Siehe oben S. 70.