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2. J o h a n n F r i e d r i c h H e r b a r t (1776—1841)

Nicht auf eine Darstellung dieses, in verworrenen Übergangs-

zeiten einst so wirkungsvollen Systems ist es hier abgesehen

1

.

Lediglich einige Hinweise auf die Vermischung der Standpunkte

sind hier am Orte.

K a n t i s c h ist an Herbart, der wie durch eine Ironie des Schicksals zum

Nachfolger Kantens in Königsberg berufen wurde, die Lehre, daß alles in Raum

und Zeit Gegebene Erscheinung („objektiver Schein“) sei; ferner die Lehre von

den Widersprüchen (Antinomien usw.) in den Begriffen und der Notwendigkeit

ihrer Wegschaffung durch die Philosophie; zum Teil die Lehre von der Apper-

zeption, und anderes. L e i b n i z i s c h ist Herbarts metaphysische Annahme

monadischer „Realen“. E m p i r i s t i s c h , und zwar in jenem naturwissen-

schaftlichen Gewande, das der Zeit gefiel, ist unter anderem seine mathematisie-

rende Lehre von einem angeblichen Vorstellungsmechanismus, ferner seine Lehre

von der (mechanischen) „Selbsterhaltung“ der „Realen“, deren „Störung“ und

„Hemmung“ sogar die Quelle des Bewußtseins bilden soll; ebenso sein Psycho-

logismus in der Erziehungs- und Gesellschaftslehre. — Trotzdem gingen von Her-

bart befruchtende Wirkungen auf die Geisteswissenschaften aus und bildeten

lange ein Gegengewicht gegen den zerstörenden Einfluß Schopenhauers. — Fast

wie Hegels Schule in Preußen genoß Herbarts Schule in Österreich eine Zeitlang

staatliche Förderung. — S c h ü l e r H e r b a r t s : M o r i z W i l h e l m D r o -

b i s c h

2

, O t t o F l ü g e l

3

, L u d w i g A d o l p h S t r ü m p e l l

4

, K a r l

F o r t l a g e

5

und andere.

3.

Die n e u k a n t i s c h e S c h u l e

Diese entstand, wenn wir von den alten Bestrebungen „Zurück

zu Kant“ H e r m a n n L o t z e s (1817—1881)

6

und des Im-

m a n u e l H e r m a n n F i c h t e

7

absehen, hauptsächlich in

zwei Formen, der sogenannten Marburger Richtung ( H e r m a n n

1

Johann Friedrich Herbart: Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie, Kö-

nigsberg 1813, 4. Aufl., Leipzig 1912 (= Philosophische Bibliothek, Bd 146).

2

Moriz Wilhelm Drobisch: Neue Darstellung der Logik nach ihren einfachen

Verhältnissen, mit Rücksicht auf Mathematik und Naturwissenschaft, 5. Aufl.,

Leipzig 1887.

3

Otto Flügel: Die Probleme der Philosophie und ihre Lösungen, 4. Aufl.,

Cöthen 1906.

4

Ludwig Adolph Strümpell: Die Einleitung in die Philosophie vom Stand-

punkt der Geschichte der Philosophie, Leipzig 18

86.

5

Siehe unten S. 301.

6

Hermann Lotze: Logik, Drei Bücher vom Denken, vom Untersuchen und

vom Erkennen, Leipzig 1912 (= Philosophische Bibliothek, Bd 141); Mikro-

kosmos, Versuch einer Anthropologie, 6. Aufl., Leipzig 1923 (= Philosophische

Bibliothek, Bd 185—187).

7

Immanuel Hermann Fichte: Anthropologie, 3. Aufl., Leipzig 1876.

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