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ständige Selbstbewußtsein“
1
. Die Ableitung der Wissenschaftslehre
beginnt mit der „Ichheit, der Subjekt-Objektivität“, dem „Setzen
des Subjektiven und seines... Objektiven, des Bewußtseins und
seines Bewußtseins, als Eins“
2
. Das Selbstbewußtsein als höchste
Synthesis aller Setzungen und als Einheit aller Vermögen ist das
Ergebnis dieser Lehre, welche eine, allerdings nicht zeitlich ge-
meinte, sondern zeitlose i n n e r e G e s c h i c h t e d e s B e -
w u ß t s e i n s enthält. Fichte nannte sie G n o s o g o n i e, Schel-
ling und Hegel später „Phänomenologie“.
3 .
Die A b l e i t u n g d e r K a t e g o r i e n
Die Ableitung der Kategorien ist, wie sich zeigte, schon in den
drei Sätzen, und namentlich im dritten Satze als der „Grund-
synthesis“, vorgezeichnet. In den Setzungsschritten werden die
Kategorien e r s t e r z e u g t , sie liegen nicht als schon fertiges
Formenwerk im Verstande, wie bei Kant. Im Setzen selbst liegt
nach Fichte die Kategorie der R e a l i t ä t ; in der Selbstunter-
scheidung des Ich oder dem Entgegensetzen (Nicht-Ich) liegt die
Kategorie der N e g a t i o n ; darin, daß Ich und Nichtich im
Ich gesetzt werden, liegt als Vereinigung der Gegensätze, die Kate-
gorie
der
B e s t i m m u n g
oder
L i m i t a t i o n ;
ferner
liegt, wie schon erwähnt, in der Vereinigung der Gegensätze, so-
ferne „teilbar“ (partiell) als quantitativer Begriff erscheint, die Ka-
tegorie der Q u a n t i t ä t ; weiterhin liegt darin die Kategorie
der W e c h s e l b e s t i m m u n g (Wechselwirkung), das Gleiche,
was bei Kant „Relation“ heißt
3
, die Wechselwirkung zwischen
dem Ich und dem Nichtich; in dieser wieder liegt die Kategorie der
K a u s a l i t ä t (nämlich des Nichtich); darin liegt wieder die Ka-
tegorie der S u b s t a n t i a l i t ä t (nämlich des Ich) und so fort.
Fichte behandelt Realität, Negation und Bestimmung (Limitation)
als die Urkategorien, wie wir sie nennen dürfen, alle anderen als
abgeleitete Kategorien.
/
Mit dieser neuen Kategorientafel ist jedenfalls soviel erreicht: daß
1
Johann Gottlieb Fichte: Sonnenklarer Bericht an das größere Publikum über
das eigentliche Wesen der neuesten Philosophie (1801), Leipzig 1922, S. 361
(= Werke, Ausgabe Medicus, Bd 3 = Philosophische Bibliothek, Bd 129).
2
Johann Gottlieb Fichte: Sonnenklarer Bericht, S. 362.
3
Johann Gottlieb Fichte: Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre, S. 131.