146
[131/132]
doch nicht ohne jede Voraussetzung möglich sei. Das Schaffen des
Ich muß notwendig ein Höheres zur Vorbedingung haben, es muß
ein „ S c h a f f e n a u s G e s c h a f f e n w e r d e n “ sein (ein
Begriff, den ich an anderer Stelle genauer begründete)
1
. Reines
Schaffen kann nur dem Absoluten, kann nur Gott selbst zukommen.
Das Ich ist nicht schlechthin Schaffendes noch Geschaffenes — nicht
einzeln, für sich nicht ens a se, Sein aus sich —, sondern ist ein „ens
ab alio“, Sein vom andern, und zwar ein Sein, das aus einem höhe-
ren stammt, aus dem göttlichen Schaffen, durch das es angeregt wird.
b.
Ist aber die Selbstsetzung des Ich ein Schaffen aus Geschaffen-
Werden, dann folgt, daß das Gesetzte oder Nichtich nicht eine reine
Schöpfung des Ich sei, nicht a u s s c h l i e ß l i c h durch Selbst-
unterscheidung von seinen eigenen Taten zustande kommt, also
nicht nur Selbstunterscheidung des Subjekts von seinem Objekt
sei; es stammt aus einer höheren Wurzel, aus dem „Geschaffenwer-
den“, welches sich konkret äußert in der E i n g e b u n g (Intui-
tion von oben). Das Ich v e r m i t t e l t in seiner eigenen Schaf-
fenstätigkeit ein höheres Schaffen, es setzt das, was in ihm gesetzt
wurde.
c.
Ein ebenso entscheidender Punkt ist, daß das Schaffen des Ich
im Erfassen der Eingebung wie in der Verarbeitung der Eingebung
n i c h t o h n e D u vor sich gehen kann. Es bedarf der inneren
Anteil- / nahme, Anregung, Erweckung durch das Du (in Gegen-
seitigkeit), um das Ich zur Selbstsetzung zu bringen: Es bedarf der
Gemeinschaft oder Gezweiung.
Hieraus ergeben sich drei Folgerungen. Erstens das empirische
Ich ist kein Letztes. Die Selbstsetzung des Ich hat zum Vorgeordne-
ten ein Höheres. In der E i n g e b u n g l i e g t d a s B e -
s t i m m t w e r d e n d e s I c h d u r c h e i n H ö h e r e s . Ich
bin erkannt, darum kann ich zur Selbstsetzung kommen, darum er-
kenne ich; kurz gesagt: cogitor, ergo cogito, wie schon M e i s t e r
E c k e h a r t u n d F r a n z v o n B a a d e r lehrten. — Zwei-
tens, in der G e z w e i u n g liegt ebenfalls, daß das empirische Ich
kein Letztes sei. Die Gezweiung bedeutet ein Bestimmtwerden des
1
Vgl. mein Buch: Der Schöpfungsgang des Geistes, Jena
1928
,
2
., durchge-
lesene Aufl., Graz
1969
, S.
201
ff.,
222
ff. und
300
f. (= Gesamtausgabe Othmar
Spann, Bd
10
).