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senschaftslehre“. Ist Fichtes „Ich“ das konkrete Einzel-Ich? Das
wurde verschieden beantwortet. Wir sagen Ja! Jedoch will dieses
Ja erläutert sein.
Fichte ging nach kantischer Art von der Zergliederung des Apriori im mensch-
lichen Bewußtsein überhaupt aus. Er stellte also die Frage, inwieferne das in
seiner a l l g e m e i n e n Apriorität bestimmte Ich ein a b s o l u t e s sei, und
im e m p i r i s c h - i n d i v i d u e l l e n Ich zur Erscheinung komme, anfangs in
der „Wissenschaftslehre“ nicht. Seine Setzungslehre war also für jedes e m p i -
r i s c h e , s u b j e k t i v e Ich gültig, wenn sie auch vom „Bewußtsein über-
haupt“ (wie Kant sagte) ausging. Die subjektive Selbstsetzung wies ihn jedoch
auf einen Grund in der absoluten Selbstsetzung hin. Das beweist unter anderem
der bald auftretende Begriff einer „Synthesis der Geisterwelt“, das heißt der Ge-
samtheit aller Iche (überhöht durch Gott). Daß ein alle einzelnen Willen ver-
bindender Urwille, ein U r - I c h o d e r a b s o l u t e s I c h , G o t t , jedem
Einzel-Ich zugrunde liege, war demnach gewiß von Anbeginn bei Fichte die still-
schweigende Voraussetzung der „Wissenschaftslehre“ — o h n e j e d o c h b e -
g r i f f l i c h z u m A u s d r u c k z u k o m m e n . Die Befaßtheit der subjek-
tiven Selbstsetzung in einer absoluten kam im Systembegriffe nicht zur klaren For-
mulierung. Seit Fichtes Schrift „Die Bestimmung des Menschen“ (1800) kann
man jedoch keine Bedenken tragen, seine Auffassung von dem Verhältnisse des
Einzel-Ich zum absoluten Ich durch jene Verse zu erläutern, die später F r i e d -
r i c h R ü c k e r t im Geiste der indischen Mystik und zugleich Fichtes dichtete:
„Sag: Ich bin Ich! Und wie Du sagst, so fühl es auch:
In Deinem kleinen Ich des großen Iches Hauch.“
Das kleine Ich: der einzelne Mensch, das große, absolute Ich: die Gottheit, die
den Einzelnen befaßt.
3.
Der B e g r i f f d e r E n t g e g e n s e t z u n g
(2. und 3. Grundsatz)
Daß im Setzen eine Entgegensetzung liege, ein Nichtich, Gegen-
stande, ist eine Grundwahrheit. Dieser Gedanke erst war es, der den
Begriff des Bewußtseins als Subjekt-Objekt bildete, die Grundlage
für das dialektische Verfahren wurde und überhaupt erst system-
bildend wirkte.
Das Sichselbst-Entgegensetzen oder Bemerken seiner selbst ist /
unseres Erachtens sogar die Grundbedingung alles anderen Bemer-
kens. Jeder Gegenstand wird nur bemerkt, indem dabei das Ich sich
selbst bemerkt. In der E i n h e i t von Setzen und Entgegensetzen
endlich ist das Wesen der Persönlichkeit, oder wie Fichte sagte, des
Ich beschlossen.
Ein genialer Tiefblick Fichtes lag darin, die Setzungstaten des Ich,
da sie selbst schon Beschränkung, Bestimmtes, Endliches sind, zu-
gleich als das, was zum Nicht-Ich wird, zu erkennen. Es stimmt
traurig, wenn man sieht, wie gerade diese herrliche Leistung Fichtes