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Dennoch liegt hier bei einer l o g i s c h e n Aufeinanderfolge

der Setzungsschritte der Übergang in z e i t l i c h e s Geschehen

nahe! Wie bei der Selbstsetzung, so war Fichte auch hier, man muß

es sagen, der Größe seines Wurfes sich doch nicht vollkommen be-

wußt. Fichtes Lehre schloß mittelbar die Entdeckung des Geschicht-

lichen in sich, denn einem Zeitalter völliger Ungeschichtlichkeit,

dem Zeitalter der Aufklärung, mußte die Geschichte erst neu ent-

deckt werden. N o v a l i s in seiner „Christenheit oder Europa“,

1799, und S c h e l l i n g in seinen / „Vorlesungen über die Me-

thode des akademischen Studiums“, 1803, führten diese Entdeckung

aus, aber man muß sagen, daß sie damit nur eine Denkaufgabe der

„Wissenschaftslehre“ lösten. Daß dieser Geschichtsbegriff von Anbe-

ginn das Wesen der Geschichte an das innere Gefüge des Geistes

knüpft, gab ihm eine größere Fassung, als sie der entwicklungsme-

chanische Geschichtsbegriff, welcher der Aufklärung allein noch zu-

gänglich war, der nur ein Fortschreiten von einfachen Anfängen

kannte, besaß.

Schelling war es, der in seinem „System des transzendentalen

Idealismus“ (1800), Hegel, der in seiner „Phänomenologie des Gei-

stes“ (1806) die Gedanken Fichtes von der inneren Geschichte des

Geistes weiterführte. Zu einer klaren Verhältnisbestimmung des

z e i t l o s e n Gefügebegriffes und des z e i t l i c h e n Ge-

schichtsbegriffes ist es allerdings auch nicht in der Spätlehre Fichtes,

ebensowenig aber Schellings und Hegels, gekommen

1

.

Die Gefügelehre des Geistes, die Fichte gab, wäre unseres Erachtens berufen

gewesen, die Grundlegung einer nicht-naturwissenschaftlichen Seelenlehre —

„Gnosogonie“ bei Fichte — einzuleiten. Wenn weder Schellings noch Hegels nach-

folgende Arbeit das leistete, so lag das unseres Erachtens daran, daß sie alle mit der

S i n n e s e m p f i n d u n g begannen. Durch diesen empiristischen, naturalisti-

schen Anfang sowie weiter durch das unzulängliche dialektische Verfahren des

ableitenden Konstruierens war die Sache von Anbeginn um den Erfolg gebracht.

E c h t e i d e a l i s t i s c h e G e i s t e s - u n d S e e l e n l e h r e m u ß v o n

o b e n h i n u n t e r g e h e n , n i c h t v o n u n t e n h i n a u f .

5.

D i a l e k t i k . K a t e g o r i e n t a f e l

Das dialektische Verfahren Fichtes wurde schon früher erklärt.

Auch auf den Mangel, der darin liegt, daß aus den formalen Gegen-

1

Siehe mein Buch: Geschichtsphilosophie, Jena 1932, S. 35 ff. und 63 (= Er-

gänzungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd 2).