178
[158/159]
das den Dingen zugrunde liegt und im eigentlichen Sinne eine
„ S u b s t a n z “ bildet (von substare, darunter stehen, quod sub-
stat, das, was darunter ist, substantia, das Darunterliegende). Dieses
Darunterliegende, diese „Substanzen“, welche die Welt tragen, eben
sie wären die V e r m i t t l u n g e n , zum Beispiel die Platonischen
Ideen, die aristotelischen Formen.
Demgemäß ergeben sich zwei letzte Möglichkeiten der Seinslehre:
(1) Die empiristisch-materialistische Möglichkeit. Der Atomismus:
Auch der Atomismus nimmt nämlich ein Letztes, ein Darunterlie-
gendes der Dinge an. Das tote Atom ist ihm das Endgültige in der
Welt, über das nicht hinauszukommen ist. Die „Gesetze“, nach de-
nen sich diese Atome verbinden und lösen, sind „ewige Naturge-
setze“. — Nicht eigentlich der Empirismus, sondern der Materialis-
mus, die Metaphysik des Empirismus, verlangt notwendig diese Lö-
sung, wie sie sich früher zeigte
1
. Daß auf diesem Boden eine eigent-
liche Ontologie als philosophisches Sonderfach nicht entstehen kann,
liegt am Tage. — (2) Die idealistische Lösung: Hier wird das Sub-
stantielle der Dinge in Vermittlungen gesucht, welche zwischen dem
Absoluten und dem Bedingten liegen. Die Platonischen Ideen, die
Aristotelischen Formen wurden schon als Beispiele angeführt, Spi-
noza, Hegel und andere könnten hinzugefügt werden, doch würde
die Erläuterung zu weit führen. Sie alle sind das Beharrende, welches
im sinnlich-veränderlichen Sein den Wechsel überdauert. — Diese
ideellen Substanzen deuten hin auf
β.
Prinzipien und Kategorien des Seins
Wir verstehen nun, daß die Seinslehre gänzlich von der Lehre
des Hervorgehens der sinnlich-endlichen Dinge aus dem Übersinn-
lichen, das heißt der Vermittlungslehre, abhängig ist: Je nachdem
die Ideenlehre, die Formenlehre, die Dialektik, die Ganzheitslehre
herrscht, wird die Ontologie andere begriffliche Ausprägungen fin-
den. Das Gefüge des Seins wird zum Beispiel / in einem Falle als
von dialektischen G e g e n s ä t z e n beherrscht, in anderem Falle,
nämlich dem aristotelischen, nach Z w e c k e n bestimmt gedacht.
Die Vermittlungslehre ist demnach nichts Geringeres als zugleich
Grundlegung der ontologischen Prinzipienlehre.
1
Siehe oben S.
50
ff.