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Das Verhältnis von Natur und Geist bestimmt der Idealismus grundsätzlich im
Sinne eines D u a l i s m u s , wobei aber der Geist den unbedingten Vorrang hat
— im Gegensatze zum Empirismus, der entweder eine Gleichordnung von Geist
und Natur annimmt (Parallelitätshypothese) oder eine Zurückführung des Geistes
auf die Natur: M o n i s m u s in Form von Materialismus. Der Idealismus steht
ferner in der Naturphilosophie auf dem Standpunkte einer nichtatomistischen Na-
turauffassung, sei es als die Form-Stoff-Lehre Platons und Aristoteles’ oder als
„dynamische“ Lehre und Kontinuitätslehre der Neuzeit; im Gegensatz zur ato-
mistischen Auffassung, welche die Natur aus Atomen zusammengesetzt sein läßt
und daher zu etwas Totem und Mechanischem machen muß.
4.
G r u n d l e g u n g d e r W i s s e n s c h a f t e n :
V e r f a h r e n l e h r e u n d L o g i k
k .
I n d e r V e r f a h r e n l e h r e herrscht, um hier nur die
Stichworte anzugeben, beim Idealismus entweder (1) der Z w e c k -
b e g r i f f (Teleologie), folgend schon aus dem Formbegriff im
Aristotelischen Sinne, oder (2) die g a n z h e i t l i c h e G l i e -
d e r u n g s l e h r e (im Sinne des Verfassers);
das empiristische Verfahren fanden wir dagegen überall bestimmt durch die ur-
sächlich-mechanische Auffassung des Geschehens, was zur Verwendung größen-
mäßiger Merkzeichen und damit zum m a t h e m a t i s c h e n V e r f a h r e n nach
Art der neueren Physik führt.
/
In der L o g i k ist der idealistische Standpunkt gekennzeichnet
durch den Vorrang des Allgemeinen vor dem Einzelnen gegen die
grundsätzliche Alleingültigkeit des Einzelnen vor dem Allgemei-
nen, beim Empirismus (Nominalismus); ferner durch die ideali-
stische Analysis des Allgemeinen (das Intuitive auf Grund erwek-
kender Erfahrung) und die Deduktion, die sich darauf gründet —
gegenüber der Ansammlung einzelner Erfahrungen, der sogenann-
ten „Induktion“, der empiristischen Logik
1
.
III.
Die zwei Grundrichtungen des Idealismus
Betrachten wir das Gesamtganze des Idealismus, soweit wir es
bisher überblickten, so lassen sich seiner Natur nach zwei Haupt-
richtungen, die sich innerhalb aller genannten Lehrbegriffe zeigen,
1
Vgl. mein Buch: Ganzheitliche Logik, Eine Grundlegung, aus dem Nachlaß
herausgegeben von Walter Heinrich, Salzburg, Klosterneuburg 1958 (= Stifter-
bibliothek, Bd 95 a—f).