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lassen müssen). Wenn uns auch die Natur durch Erhabenheit und

Schönheit entzückt, so bleibt sie uns doch fern und stumm und kann

uns weitere Hinweise nicht mehr geben. Und noch weniger können

dies Einsichten in die äußeren Zusammenhänge der Naturerschei-

nungen, wie sie die mathematische Physik begründete, ob sie auch

noch so weite und neue Ausblicke eröffnen. Denn diese Ausblicke

bleiben notwendig im äußerlichen Bereiche. Es gilt aber gerade, tie-

fer vorzudringen. Welcher andere Weg bliebe uns da, als der in das

eigene Innere?

Blicken wir nun zurück auf alles, was uns der A p r i o r i s -

m u s u n d d i e S e t z u n g s l e h r e von unserem eigenen Innern

bereits aufdeckten, so finden wir, daß wir einen sicheren Anfang in

dem „Erkenne dich selbst“ schon machten. Denn es bezeichnen die

Grunderlebnisse, die hinter diesen Lehren stehen, schon einen ge-

waltigen Weg in unser Selbst hinein. Wenn die wie in einem Selbst-

gespräch zu sich kommende und sich erforschende V e r n u n f t in

sich ein Ureigenes findet, welches dem Wechsel der Sinne entzogen

ist, nämlich das „Apriori“, die Kategorien; und wenn weiterhin

das s i t t l i c h e S e l b s t b e w u ß t s e i n : Pflicht, Gewissen,

Verantwortlichkeit, apriorische Maßstäbe in sich findet; und wenn

die Vernunft ferner dieses denkende und sittliche Apriori überall an

eine eigene Urtat, die frei beginnende, innere Tätigkeit, die

S e l b s t s e t z u n g geknüpft findet; die zugleich ihrem inner-

sten Wesen nach F r e i h e i t , und zwar nicht nur Freiheit der

sittlichen Entscheidung, sondern Sein setzende Freiheit ist (denn nur

das sich selbst vermittelnde Sein kann Freiheit haben); wenn man

endlich dessen inne wird, daß mit Vernunft, Gewissen, Freiheit auch

das Ideal gesetzt ist, somit das S o l l e n , der Rang, der Wert, das

Gelten hervortritt, weil mit all dem auch das Nichtgesollte möglich

wird; womit klar ist, daß das Gesollte kein bloßes Wunschbild des

Traumes, sondern ein im tiefsten Wesensgrunde der Dinge veran-

kertes V o l l k o m m e n h e i t s b i l d sei — wenn das alles

verstanden und innerlich erfaßt ist, dann vollbrachte der Geist schon

eine weite Wunderreise in sich selbst hinein. Er machte Entdeckun-

gen, die ihm ein anderes Wesen seiner selbst zeigen als jenes, das der

Empirismus malte. Denn im Apriori schon, noch mehr in der inne-

ren Freiheit und noch mächtiger in der Selbstsetzung, / welche

diese Freiheit begründet — in all d i e s e m i s t d e r