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darf aber, um diese Beschuldigung zu verstehen, das Streitbare der

Einstellung des Aristoteles nicht vergessen

1

.

Die Kategorienlehre Platons hängt aufs engste zusammen mit der

Lehre von dem „ R e i c h e d e r I d e e n “ oder „Gemeinschaft

der Gattungen“. Die Möglichkeit der Ideen, in bestimmten Fällen

miteinander in Gemeinschaft zu treten, sich zu verbinden (z. B.

Eichenheit und Größe) und die Unmöglichkeit in anderen, dies zu

tun (z. B. Eichenheit und Steinheit oder Leben und Tod) beweist,

daß es v e r h ä l t n i s m ä ß i g N i c h t s e i e n d e s o d e r

μή ό ν

s c h o n i n d e r I d e e n w e l t g i b t . Das Nichtseiende

ist — aber als das Andere; als Gegensatz ist es nicht schlechthin

nicht, sondern nur bedingt nicht. Ferner sind die Ideen (und Gott)

das „seiend Seiende“, das „ E i n e i m V i e l e n “ — Begriffe, die

Platon prägte und die seither nicht mehr aus der Geschichte der

Philosophie verschwanden. In ihnen liegt, so kann man folgern,

daß das E i n e u n d A l l g e m e i n e s i c h n o t w e n d i g

a l s B e s t i m m t h e i t , a l s u n t e r s c h i e d e n i n i h m

s e l b s t , s e t z e n m ü s s e , ohne daß es aber in dieser Vielheit

und Unterschiedenheit aufhörte, dasselbe, das an sich selbst Gleiche

zu sein.

c.

Die Geisteslehre

α.

Pneumatologie. Erkenntnistheorie

Der Geist hat eine beherrschende Stellung. „Alle Weisen...

stimmen darin überein, daß der Geist uns König des Himmels und

der Erde sei.“

2

/ Geist und Seele ist das sich selbst Bewegende

3

.

Daß in der Erkenntnislehre Platons der Begriff der Selbstbewegung

trotzdem kaum verwendet wird, mag daher kommen, daß er in sei-

nen Schriften mehr mystisch von der Erkenntnis spricht. In diesen

mystischen Bildern berührt er eine andere Seite des menschlichen

Geistes, die V e r w a n d t s c h a f t m i t d e m G ö t t l i c h e n

Im „Philebos“ (31a) sagt er, „daß der Geist

(

νούς

)

mit der Ursache

(hier Gott) verwandt“ sei.

Durch die göttliche Natur des Geistes sind wir fähig, die Ideen zu

1

Siehe unten S. 242.

2

Platon: Philebos, übersetzt und erläutert von Otto Apelt, 2. Aufl., Leipzig

1922, 28 c (= Philosophische Bibliothek, Bd 145).

3

Siehe unten S. 217 und 223 f.