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210

[186/187]

Vernunft oder Begriff, Wort

(

λόγος

)

; (6) Wesen „Usia“

(ούσία);

ferner auch:

der Wesensbegriff (

λόγος έκάστον τής ούοίας

, „Staat“, 534 b); (7) das An-

sich, „auto kath’ autö“

(αύτό καθ αύτό),

das Ding selbst (das

αύτό τό όν.

..),

das heißt was sich nicht von einem andern herleitet, was in sich beruht; (8) das,

was ist, „ho ti esti“

(

ό τ ι έστί

) = Wesensbestimmung; (9) Henaden oder Mona-

den („Philebos“, 15 a, b). Außerdem finden sich noch mittelbare Bezeichnungen

wie: (10) Musterbilder oder Urbilder

(

παραδείγματα

)

, sofern nämlich die Ein-

zelwesen ihre Idee nicht ganz erreichen; (11) das Eine im Vielen

(έν έπί πολλών,

„Staat“, VII,

5 3 7) ;

das Allgemeine

(

τό

καθόλον)

oder Gemeinsame

(τό κοινόν)

im Mannigfaltigen und Einzelnen; (12) der Zweck

(τέλος),

sofern das Ding

seine Idee darzustellen hat.

Alle diese Benennungen weisen zugleich in ihrer Art auf die verschiedenen

Bestimmungen und Merkmale des Ideenbegriffes hin

1

. Als 5, 6, 7 und 11 ist die

Idee Grund der Möglichkeit der Erkenntnis der Dinge, ihr Allgemeines.

Die Bestimmungen „seiendes Sein“ (4) und „In-sich-beharren“, „Ansich“ (7)

widersprechen nur scheinbar der berühmten Stelle im „Sophistes“ (247 d ff.), wo-

nach die Idee doch zugleich „Bewegung, Leben und Einsicht“, das heißt zuletzt:

daß die Idee d e n k e

2

.

ß.

Der Ursprung der Ideenlehre

Ü b e r d e n U r s p r u n g d e r I d e e n l e h r e sind fast durchwegs fal-

sche Vorstellungen im Schwange. Die Ideen sollen (einer mißdeuteten, streitbaren

Bemerkung des Aristoteles zufolge) nur „hypostasierte Gattungsbegriffe“ sein,

was die Sokratische Begriffserklärung dem Platon nahelegte. Wer könnte aber

Platon den Unsinn Zutrauen, abstrakte Begriffe zu verdinglichen, „hypostasie-

ren“? Ohne einen Erlebnisgrund konnte diese Lehre nie aufgestellt werden. Ihr

wahrer Ursprung ist ein religiöser, der bei Platon noch im besonderen durch die

o r p h i s c h - p y t h a g o r ä i s c h e

M y s t i k bestimmt wurde. Aber ganz

allgemein liegt schon im P o l y t h e i s m u s die Vorstellung von übersinnlichen

Seinsmächten, welche die Welt gestalten, den Göttern, Halbgöttern und Natur-

geistern — nichts anderes als die Götterwelt ist im letzten Grunde die Ideenwelt.

Die I d e e n l e h r e i s t d a h e r A u s d r u c k e i n e s U r w i s s e n s d e r

g e s a m t e n M e n s c h h e i t .

/

Auch die uralte Lehre von den „Samen“ und Siegeln, die bei den Indern und

Ägyptern, jene von den „Fravasay“ oder „Fravurti“ („Feruer“), die bei den Ira-

niern, von den „Folgegeistern“, die bei den Germanen, von den „Genien“, die

bei den Römern herrschte, läuft auf die Grundvorstellung der Ideen hinaus. „Bei

den Orphikern entsteigt dem Welt-Ei Phanes = Pan, der das prägende Siegel des

Alls, also die Welt der Gestalten in sich faßt; in der Mysterienlehre erzeugen

Phanes und Kore die Siegel von der Form des Mutterleibes, in welchem Symbol

sich ihre Beziehung auf Erneuerung des Lebens deutlich ausspricht.“

3

D i e

I d e e n l e h r e i s t d a h e r i n i h r e m G r u n d g e d a n k e n n i c h t

n e u , von Platon nicht eigentlich „erfunden“ worden. Platon übernahm in ihr ur-

altes religiöses Lehrgut, ja eine Selbstverständlichkeit mystischen Weltempfindens.

1

Siehe sogleich unten S. 211 f.

2

Näheres siehe unten S. 215.

3

Otto Willmann: Geschichte des Idealismus, 2. Aufl., Braunschweig 1907,

S. 477. — Vgl. auch mein Buch: Der Schöpfungsgang des Geistes, 2., durchgesehene

Aufl., Graz 1969, S. 393 ff., 396 ff. und 424 ff. (= Gesamtausgabe Othmar Spann,

Bd 10).