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Wenn T h a i e s sagte, „Alles ist von Göttern erfüllt“, so war das schon Ideen-
lehre, mit der es nur Ernst zu machen galt in der Philosophie. An diesen Satz des
Thaies nicht zu glauben, erklärte Platon für „wahnsinnig“
1
. Und als die beste
Begriffserklärung der Idee kann man betrachten, was Fritz Wolff rein philologisch
zur Erläuterung der genannten iranischen Fravasay sagt: „Fravasay, Bezeichnung
für ein jedem... Wesen eigenes unsterbliches Element.. ,“
2
Es ist dabei ein
geistiges Element, das sich selbst denkt
3
.
γ.
Schilderung der Ideenwelt
Wie Platon das Wesen der Idee begrifflich bestimmte, wurde schon berührt
und kommt auch in den verschiedenen Bezeichnungen, die er der Idee gab, zum
Ausdruck. Auf weitere Bestimmungen werden wir noch stoßen
4
. Außer den Be-
griffserklärungen der Idee finden sich aber bei Platon mehrere Darstellungen, wel-
che auf die m y s t i s c h e n E r l e b n i s h i n t e r g r ü n d e der Ideenlehre
deuten. Unter diesen Darstellungen ragt die Rede der Diotima im „Gastmahl“
5
und die Schilderung im „P h a i d r o s“ besonders hervor. Die Hauptstelle der
letzteren
6
lautet:
„Den überhimmlischen Ort hat noch nie einer von den Dichtern hier besun-
gen ... Er ist aber so beschaffen; denn man muß es wagen, das Wahre zu sa-
gen ... Nämlich die farblose, gestaltlose und unberührbare, wahrhaft seiende
Wesenheit (
ονσία
) ist allein der Seele Lenker, dem Geist
(
νούς
),
zu beschauen
möglich .. .
7
Da nun der Gottheit Geist von V e r n u n f t u n d u n g e t r ü b -
t e r W i s s e n s c h a f t s i c h n ä h r t und ebenso der [Geist] jeder Seele...,
so freut er [der Geist] sich, wenn er nach langer Zeit das Seiende sieht und
nährt sich an der Betrachtung des Wahren und läßt sich daran Wohlsein, bis der
Umschwung im Kreise ihn wieder an die vorige Stelle zurückgebracht. Bei dem
Umlaufe aber erblickt er die Gerechtigkeit an sich selbst, erblickt er ferner die
Besonnenheit und die Wissenschaft, nicht die, welche eine Entstehung hat, noch
die, welche verschieden ist nach Verschiedenheit der Dinge, / die wir jetzt wirk-
liche nennen, sondern die in dem, was in Wahrheit an und für sich ist, befindliche
Wissenschaft; und nachdem er das andere, was in Wahrheit an und für sich ist,
ebenso geschaut und sich daran gelabt hat, taucht er wieder in das Innere des
Himmels und kehrt nach Hause zurück. Dieses ist das Leben der Götter. Von den
anderen Seelen aber [den Menschen] streckt die, welche am besten einem Gotte
folgt und ähnlich ist, in den äußeren Raum des Wagenlenkers das Haupt hinaus
und schwingt sich mit ihm herum, wird jedoch beunruhigt von den Rossen und
sieht nur mit Mühe das Seiende …“
Es gilt, die entscheidenden Hinweise, die Platon hier gibt, nicht zu übersehen.
Er spricht freilich nur in Sinnbildern. Aber es sind Sinnbilder, die Tiefstes aus-
drücken: Die E r l e b n i s s e d e r m y s t i s c h e n V e r s e n k u n g sind es,
1
Siehe unten S. 224.
2
Fritz Wolff: Avesta, Berlin 1924, S. 448.
3
Siehe unten S. 215.
4
Siehe oben S. 209 f., unten S. 212 ff.
5
Siehe unten S. 369 f.
6
Platon: Phaidros, 247 c f.
7
Platon gebraucht das Bild eines Wagenlenkers (Geist) mit zwei Pferden
(Körper). Auch in der altindischen Kathaka-Upanishad heißt es schon (III, 9):
„Der Menschen, dessen Wagenlenker die Erkenntnis i s t . . . “
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