Table of Contents Table of Contents
Previous Page  590 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 590 / 9133 Next Page
Page Background

104

[87/88]

Die Arbeitswerttheorie versagt auch völlig gegenüber den

unverbrauchlichen Gütern.

Während z. B. ein Stück Brot nur ein-

mal gegessen werden kann, kann ein Geigenspiel zugleich von 1 oder

1000 Zuhörern gehört, ein Handelsvertrag, ein Erfinder- / gedanke,

ein Organisatorengedanke einmal oder milliardenmal angewendet,

also nicht abgenützt werden; eine Geige wird besser, wenn man

sie spielt, eine Geschicklichkeit größer, wenn man sie ausübt, usw.

Innerhalb solcher unbestimmter Grenzen der Unverbrauchlichkeit

wird die Arbeitskostenrechnung

uneindeutig,

daher hinfällig. Daraus

folgt allgemein: W e r t u n d P r e i s s i n d i m s t r e n g e n S i n n e

n i c h t r e c h e n b a r (Weiteres darüber später).

Die beiden Ricardischen „Preisgesetze“ — der Gravitation nach

den niedersten und den höchsten Kosten — sind demnach als

Gesetze falsch; aber als m a r k t t e c h n i s c h e F a u s t r e g e l n

oft brauchbar.

Dasselbe gilt von dem „Gesetz“ von Angebot und Nachfrage. Daß

steigendes Angebot die Preise senke, ist nur eine markttechnische, keine

primäre wirtschaftliche Erscheinung. A n g e b o t u n d N a c h f r a g e

w e r d e n i n W a h r h e i t n i c h t n a c h M e n g e n o c h n a c h A r -

b e i t s g e h a l t , sondern nach ihrer Bedeutung, das heißt nach ihrer

s i n n v o l l e n Eingliederung in die Wirtschaft, also qualitativ, wirk-

sam

1

.

Ferner besteht die Gravitation der Preise nach den geringsten Kosten

insofern nicht, als es keine dauernd beliebig vermehrbaren Güter gibt!

— Auch gibt es keinen „Ausgleich der Preise“, weder wirklich, noch

ideell; alle Preise sind e i n m a l i g

2

. — Viel richtiger ist die „Gravi-

tation nach den teuersten Kosten“, da in Wahrheit auch bei den soge-

nannten beliebig vermehrbaren Gütern jeweils noch in Anspruch zu

nehmende t e u e r s t e Betriebe, Händler, Maschinen, Rohstoffe, Arbeits-

hände und so fort in Frage kommen. Also gilt: Ü b e r a l l e n t s t e h e n

„ R e n t e n “ , n i c h t n u r b e i m G r u n d u n d B o d e n .

F o r t b i l d u n g s v e r s u c h e . Die Mängel der Arbeitskostenlehre

führten dazu, daß spätere Ricardoschüler, vor allem J o h n S t u a r t

M i 11

3

, versuchten, die Kosten statt in Arbeit in Geld auszudrücken.

Damit sinkt aber die Wertlehre zu der einfachen Behauptung herab, daß

die Güterpreise durch ihre in Geld ausgedrückten Kosten bestimmt wür-

den. Da die Kosten wieder von den Preisen abhängen, bewegt sich diese

Erklärung im Kreise.

Daher obsiegte schließlich ein anderer Fortbildungsversuch der „klas-

sischen“ Lehre, die „Gleichgewichtstheorie“, die das „Gleichgewicht von

Angebot und Nachfrage“ (beziehungsweise der Warenpreise und der Pro-

1

Siehe unten S. 222.

2

Siehe unten S. 222.

3

Siehe oben S. 102.