Table of Contents Table of Contents
Previous Page  5907 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 5907 / 9133 Next Page
Page Background

[199/200]

223

ε. Die Erziehung

Die E r z i e h u n g nimmt in Platons Geistes- und Gesellschaftslehre einen

großen Raum ein, womit sich der geschichtliche Wirklichkeitssinn seiner Staats-

lehre erweist. Sie soll die stets lebendige Neubildung der Stände sichern und die

Philosophie an die Spitze der Kultur stellen

1

.

Verwandte Grundsätze entwickelt Platons von ihm nicht vollendetes Alters-

werk „Die Gesetze“ mit zeitgemäßen Vorschlägen (die hedonistischen Einschübe

sind aber unecht und nur als Schulschrift zu werten).

d.

Naturphilosophie

Platon wandte sich überall gegen die mechanistisch-materialistische Naturerklä-

rung, wie sie damals in Griechenland aufgekommen war ( D e m o k r i t ) . Ihr

stellte er die sinnvolle Bestimmtheit der Natur gegenüber, welche er, wie sich

zeigen läßt, dreifach begründet: einmal dadurch, daß die Welt als ein Werk des

göttlichen Schöpfers nach V e r n u n f t u n d Z w e c k e n eingerichtet sei

(„Timaios“); sodann daß sie von der Weltseele bestimmt, und endlich, daß sie

ideenbestimmt sei.

Im „Phaidon“ (99 b f.) sagt Sokrates von der Erde: „Daß sie aber nun so

liege, wie es am besten war, sie zu legen, darin [in der Zweckmäßigkeit nämlich]

suchen sie [die Mechanisten] keine Kraft und glauben auch gar nicht, daß

darin eine dämonische Kraft liege...“ „Das Gute und Richtige aber glauben sie,

könne überall gar nichts verbinden und Zusammenhalten.“ Schon in der geometri-

schen Geordnetheit der Gestirnbahnen, noch mehr in der Kreisform dieser Bah-

nen sah Platon einen Beweis des Zweckmäßigen und Geordneten. Denn Kugel

und Kreis galten den Griechen als die vollkommensten Gebilde. Im „Philebos“

heißt es, daß es „eine nicht schlechte Ursache, welche Jahre und Jahreszeiten

und Monate einrichte und ordne, gebe, was mit vollem Rechte Weisheit und

Vernunft genannt werde“ (30 c) „ . . . und daß die Vernunft

(νούς)

über das

Ganze herrscht“ (30 a). Für die zweite Begründung, aus der Weltseele, ist eine

Stelle in den „Gesetzen“ besonders bezeichnend: Aus der Selbstbewegung der

Seele (Weltseele) wird gefolgert, daß sie „die Ursache aller Veränderung und

Bewegung“ sei (896 b), ferner „daß die Seele für uns früher als der Körper ent-

standen sei, der Körper aber als Zweites und Späteres, der Herrschaft der Seele

naturgemäß unterworfen“ (896 c). Die Seele ist Ursache „sowohl des Guten als

des Schlechten“. „Das also die Seele in / allem, was überall sich bewegt, wohnt

und die Leitung hat, muß man da nicht behaupten, daß sie die Welt lenke?“

(896 d f.)

Hiernach nimmt Platon z w e i W e l t s e e l e n an, eine gute und eine böse.

„Wir wollen wenigstens nicht weniger als zwei (Weltseelen) annehmen, eine

wohltätige und eine, welche das Entgegengesetzte vollführen kann“ (896 e). „Es

leitet also die Seele alles am Himmel und auf der Erde und im Meere durch ihre

eigenen Bewegungen, welchen man die Namen: Wollen, In Betracht ziehen, Besor-

gen, Beratschlagen, Richtig oder falsch meinen, Sich freuen, Sich betrüben, Zuver-

sicht hegen, Sich fürchten, Hassen, Lieben gab, welche in Verwandtschaft mit die-

sen oder als ursprüngliche Bewegungen wieder die Bewegungen zweiter Ordnung

in den Körpern annehmend, alles zum Wachstum oder zur Abnahme... leiten,

zu Wärme, Kälte, Schwere, Leichtigkeit, hart und weich, weiß und schwarz, herb

1

Vgl. Walter Becher: Platon und Fichte, Die königliche Erziehungskunst,

Jena 1937.