[203/204]
227
kenntnis der Geheimlehre, teils darum, daß das menschliche Erken-
nen an seine Grenzen kam. Auf manche Mängel wiesen wir schon
bei der Darstellung hin, so daß hier nur noch wenig zu bemerken
bleibt.
a.
Gotteslehre
Die G o t t e s l e h r e fanden wir begrifflich wenig entwickelt,
aber doch waren alle jene Fragen und Denkaufgaben in ihr ange-
deutet, welche eine Stellungnahme zu Deismus, Pantheismus und
Theismus, also zur Jenseitigkeit und Einwohnung Gottes in sich
schließen
1
. Was wir mit Nachdruck hervorheben müssen, ist, daß
Platon Deismus ebenso wie Pantheismus (den ihm unter anderen
Gustav Teichmüller vorwarf) vermied. Im „Sophistes“ (265, 3) lehnt
er ausdrücklich die Lehre ab, daß die Natur mechanisch etwas her-
vorbringe, in den „Gesetzen“ (899 d ff.) wird eine Vorsehung, die
eingreift, angenommen. Beides schließt jeglichen Deismus aus. —
Die Welt hat bei Platon einen Anfang. Gott ist frei, an nichts ge-
bunden. Das schließt auch Pantheismus aus. Ebenso tut dies die aus-
geprägt persönliche Gottesvorstellung, die wir unseres Erachtens
zwingend belegten
2
. Im „Philebos“ schreibt Platon seiner höchsten
Gottheit eine „königliche Seele und königliche Vernunft“, also
selbstbewußten Geist und ein Sein über der Welt zu. Allerdings
wird dieser Standpunkt von Platon nicht immer festgehalten, so daß
ihm der Vorwurf gemacht wurde, er habe Gott nicht als Persönlich-
keit, sondern als ewig sich selbst gleiche, unpersönliche Idee gedacht.
Auch erscheint es als ein Widerspruch, Gott jenseits des Seins
(„Staat“, 509 b), als Schöpfer der Ideen („Staat“, 597 b ff.) und doch
wieder als Spitze der Ideenwelt, als Idee des Guten („Staat“) und
Idee des Schönen („Gastmahl“) zu bezeichnen. Bedenkt man aber
den religiösen Ursprung der Ideenlehre, den wir früher nachwiesen,
dann lösen sich diese und / andere Widersprüche. Denn Zeus ist
sowohl oberster Gott (oberste Idee) wie auch über den geschaffenen
Göttern (Ideen), die seine Ausflüsse, Gedanken sind, aber auch für
sich selbst Eigenleben haben, allerdings wie wir sagen würden, in
Befaßtheit, in Rückverbundenheit
3
. Man versteht dann auch „So-
1
Siehe oben S. 200 f. und 208 f.
2
Siehe oben S. 208 f.
3
Siehe unten S. 233.