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Das M e t a p h y s i k u m der Ideen ist es, das es gilt. Es ist entweder ganz
festzuhalten, oder es sinkt in nichts zusammen.
Die Hauptfolge der reinen Einwohnung trat sogleich hervor: für
Aristoteles war nicht das Allgemeine eine Wesenheit (griechisch
„Usia“, scholastisch „Substanz“), sondern allein das Einzelne, das
i n d i v i d u e l l e E t w a s (
τοδ'ε τι
1
). — Dagegen erhebt sich
unseres Erachtens aber sogleich der Einwand, ob nun das Allgemeine
noch gelte, ob es nun nicht bloß etwas Formales sei, nachträglich
Abstrahiertes, wie im Nominalismus und Empirismus? Diesen Ein-
wand stellte sich Aristoteles selbst: „Nur insoferne erkennen wir
alles, als es eins und dasselbe und ein Allgemeines gibt.“
2
Aber
nirgends kann Aristoteles dieses Allgemeine zeigen, mit der reinen
Immanenz der Formen vereinigen. Jede Durchführung würde zum
„Reich der Ideen“ führen — zur Transzendenz, zu Platon
3
!
b.
Die Lehre von den vier Urgründen
Weitergebildet wird die Lehre von Idee und Materie Platons bei
Aristoteles zu der bekannten Lehre von den vier Urgründen (
άρχαί,
Erstheiten, Prinzipien), auch Lehre von den „vier Ursachen“ ge-
nannt. Die vier sind: Form (
είδος
, Idee), Materie (von Aristoteles
Hyle genannt,
ΰλη),
Bewegung (Veränderung,
τό κινητικόν),
Zweck
(τέλος)
. Es kommt Aristoteles darauf an, die „Idee“ so zu / fassen,
daß er das Werden, die Bewegung erklären könne. Die Bewegung
kommt nun nach Aristoteles daher, daß sich die Form (Idee) i m
Stoffe darstelle. Die Einwohnung (Immanenz) der Form ist es also,
welche die Bewegung erklärt (was sich in Platons „Philebos“ vorge-
bildet findet). Voraussetzung dabei ist ihm das Bestehen eines je-
weils schon Wirklichen: Ein wirkliches Pferd erzeugt ein Pferd,
nicht die bloße Idee des Pferdes
4
.
Aristoteles erläutert seine Lehre an folgendem Beispiele: „Es können sich bei
einem und demselben Dinge alle Arten der Ursachen finden. So sind bei einem
Hause die Kunstfertigkeit und der Erbauer das Woher der Bewegung, das fer-
1
Aristoteles: Kategorien, 2 a, 19 ff.; Metaphysik, V, 8; VII, 1—3, 8, 11, 17;
VIII, 3; XI, 2 und öfter.
2
Aristoteles: Metaphysik, 990 a.
3
Siehe unten S. 257 f.
4
Siehe unten S. 245.
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