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das Ganze ist vor dem Teile
1
. Letzterer bedeutet die Grundlegung
einer Gefügelehre des Seins. Folgerichtig durchgeführt ergäbe er
meines Erachtens aber, daß nicht der Zweckbegriff, sondern die Be-
griffe der sinnvollen Ausgliederung und Rückverbundenheit das Ge-
füge der Welt bestimmen, wobei der Zweck erst als Abgeleitetes
erscheint, das heißt aus dem Gliederbaue der Ganzheit begriffen
wird
2
.
Als eine ontologische Unterscheidung, die der Einführung der
Bewegung in die Urgrundlehre entspricht, ist die strenge Trennung
der Abfolge der Erscheinungen dem W e r d e n nach und dem
W e s e n oder Begriffe nach hervorzuheben. Genetisch ist das Kind
vor dem Manne, begrifflich der Mann vor dem Kinde. Was dem
Werden nach das Letzte, ist nach Aristoteles dem Wesen oder Be-
griffe nach das Erste. Denn die Form (Idee) erscheint erst zuletzt,
ist aber latent schon vorher da.
3.
G e i s t e s l e h r e
a.
Erkenntnislehre und Logik
Die Erkenntnislehre und Logik des Aristoteles ist, wie bei Platon,
zunächst dadurch gekennzeichnet, daß die sinnliche Erfahrung kein
allgemeines Wissen vermitteln könne. Das Organ für das Einzelne
und Zufällige sind nach Aristoteles die sinnlichen Wahrnehmungen;
das Organ dagegen für das unmittelbar Gewisse, nämlich für den
Inhalt jener letzten Begriffe, die nicht mehr auf andere zurückge-
führt werden können, also die Prinzipien und Axiome (man denke
an den logischen Grundsatz des Widerspruches oder an Begriffe wie
Sein, Werden, Möglichkeit, Wirklichkeit), die nicht weiter abzu-
leiten sind
(άπλόα),
das Organ für diese ist der Geist, Nus, das
Höchste in der menschlichen Seele. Eine unmittelbare innere Erfah-
rung, ein unmittelbares Erfassen findet hier statt. Aber diese ersten
Grundlagen aller Beweise sind ihm nicht angeborene Begriffe, son-
dern liegen als Möglichkeiten in dem erkennenden Geiste und wer-
den entwickelt vermöge der sinnlichen Wahrnehmung, aus welcher
1
Aristoteles: Politik, I, 1, § 11 b.
2
Die Nachweise hiefür siehe in meinen Büchern: Kategorienlehre, 3., durch-
gesehene Aufl., Graz 1969, S. 50 ff. und 281 f. (= Gesamtausgabe Othmar
Spann, Bd 9); Der Schöpfungsgang des Geistes, 2., durchgesehene Aufl., Graz
1969, S. 38 ff. und 42 ff. (= Gesamtausgabe Othmar Spann, Bd 10).