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insoferne deutlich ein Apriori des Erkennens, als er sagt: dasjenige,

„was jeder erkennen muß, der irgend etwas erkennt, muß man

schon im voraus haben“

1

.

Aristoteles steuert darauf hin, das Wesen der Begriffe der Einzel-

dinge zu bestimmen. Zunächst liegt ihm daran, die unentbehrliche

R o l l e d e r W a h r n e h m u n g sicherzustellen. Im Anschlusse

an die angeführte Stelle, wo die „Vernunft die Form aller Formen“

und die Wahrnehmung die „Form alles Wahrnehmbaren“ genannt

wird, heißt es: „ . . . das Denkbare ist in den sinnlichen Formen ent-

halten ... / (die aber das dem Wesen nach Spätere sind!). Deshalb

kann niemand ohne eine Wahrnehmung etwas erkennen ...“

2

Da

aber, auf Grund der Wahrnehmung, die Vernunft doch nur das All-

gemeine erkennt (alle Wissenschaft geht nach Aristoteles auf das

Allgemeine), ist unseres Erachtens trotz der gehobenen, fast empiri-

stischen Rolle der Wahrnehmung deren Verhältnis zum Allgemein-

begriff zuletzt dasselbe wie bei Platon; daher auch der W a h r -

h e i t s b e g r i f f derselbe wie bei Platon: Die Übereinstimmung

des Begriffes mit dem Sein.

Von hier aus ergibt sich die große Frage: Wie s t e h t A r i -

s t o t e l e s z u r A n a m n e s i s l e h r e P l a t o n s ? Wir ha-

ben zunächst drei Sätze als Grundlagen: (1) die Wahrnehmung ver-

mittelt kein allgemeines Wissen; (2) den Inhalt der letzten Begriffe

erkennt der Nus durch unmittelbares Erfassen (was Fichte „intellek-

tuelle Anschauung“ nannte); (3) das Denken im Begriff geht zwar

von der Form mit dem Stoffe (Substanz mit Akzidenzien) aus, hat

aber zuletzt die Form o h n e S t o f f (die reine Idee) zum Gegen-

stande. — Eine klare Folgerung aus diesen Bestandteilen seiner Er-

kenntnislehre finden wir bei Aristoteles nicht gezogen. Es kann

aber daraus unmöglich etwas anderes folgen als: daß a u c h n a c h

A r i s t o t e l e s d e r m e n s c h l i c h e N u s d u r c h I n -

s i c h - G e h e n d i e l e t z t e n P r i n z i p i e n u n d d i e

F o r m e n e r k e n n t , wozu er durch die sinnlichen Wahrneh-

mungen nur v e r a n l a ß t würde. Das entspricht der Erinne-

rungslehre Platons.

1

Aristoteles: Metaphysik, 1005 b.

2

Aristoteles: Uber die Seele, 432 a, 8; vgl. 430 a. — Der Vergleich der Seele

mit einer „Schreibtafel, auf der nichts geschrieben steht“ — die aber doch ihr

Apriori hat (im Nus), also anders wie bei J o h n L o c k e ! (Siehe oben S. 45.)